Hier ein Artikel aus der NW vom 17.11.2023
Fakten zur Brandgefahr von E-Autos
Ein E-Auto brennt. Sogenannte Stromer stellen Feuerwehren vor besondere Herausforderungen. Foto: Frank-Michael Kiel-Steinkamp
Alexander Graßhoff
Bielefeld. Mehr als 1,2 Millionen E-Autos sind mittlerweile auf deutschen Straßen unterwegs. Geht es nach der Bundesregierung, sollen es bis zum Jahr 2030 rund 15 Millionen sein. Die elektrisch betriebenen Fahrzeuge gelten vielen Menschen als Hoffnungsträger der Verkehrswende – andere betrachten sie als Sicherheitsrisiko. Denn die Stromer stehen in Verdacht, besonders häufig und heftig zu brennen. Doch stimmt diese Einschätzung? Wie bewerten die Feuerwehren in Ostwestfalen-Lippe die Brandgefahr?
Brandhäufigkeit
Jüngst ist in Langenselbold in Hessen ein Elektro-Neuwagen in Flammen aufgegangen. Und in Neuss soll ein defekter Akku laut Ermittlern zur Explosion einer Garage geführt haben. Wer E-Autos ablehnend gegenübersteht, könnte sich durch solche Vorfälle bestätigt fühlen. Tatsächlich unterstützen bisherige Statistiken diese Haltung nicht. Laut des Gesamtverbandes der Versicherer (GDV) gibt es keine Hinweise darauf, dass E-Autos häufiger brennen als Benziner oder Dieselfahrzeuge. Das bestätigt auch der ADAC in Ostwestfalen-Lippe auf Anfrage.
Einige Statistiken weisen sogar in die Gegenrichtung. „Insgesamt ist die Datenlage noch überschaubar“, sagt Patrick Plötz, Leiter des Geschäftsfelds Energiewirtschaft am Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI. Aber es gebe Zahlenmaterial von Versicherern. „Demnach brennen batterieelektrische Fahrzeuge zwischen zehn- und 100-mal seltener als Verbrenner.“ Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt eine Studie des US-amerikanischen Versicherungsunternehmens AutoinsuranceEZ. Demnach brennen etwa 25 E-Autos pro 100.000 verkauften Einheiten, bei Verbrennern sind es 1.530 pro 100.000.
Brandverlauf
Dennoch stellen die Stromer die Feuerwehren vor besondere Herausforderungen. Die Feuerwehr Paderborn etwa spricht von einer „erhöhten Brandintensität“, die auf die Batterie als Energiespeicher des Autos zurückzuführen sei. Bei einem Brand, zum Beispiel durch einen Unfall, droht ein sogenannter „thermal runaway“, das thermische Durchgehen der Batterie. Dabei fängt der gesamte Akku in Folge einer Kettenreaktion Feuer. Durch die große Hitze kann das dann schnell auf andere Gegenstände oder sogar Fahrzeuge übergreifen.
Löschen
Um ein E-Auto zu löschen, kommt Wasser zum Einsatz – und zwar in größeren Mengen als bei Verbrennern, heißt es von der Feuerwehr Paderborn. Ziel sei es, den Akku zu kühlen, um die Brandreaktion zu verlangsamen. Erst wenn diese beendet sei oder die Akkutemperatur unter einen kritischen Wert gesenkt wurde, könne das Fahrzeug an den Abschleppdienst übergeben werden, erklärt Hans-Joachim Koch, Leiter der Feuerwehr Gütersloh. Dabei dauerten der Brand selbst und damit auch das Löschen der Akkus „im Regelfall länger als der Brand eines Verbrenners“, sagt Koch. Denn der Akkublock sei meist „isoliert und gekapselt“ im Fahrzeug verbaut.
Als spezielles Hilfsmittel verfügt zum Beispiel die Feuerwehr in Gütersloh über einen „Einschlagdorn“, mit dem das Löschwasser direkt in den Akkublock eingebracht werden könne. E-Fahrzeuge seien grundsätzlich aber „nicht als komplexer oder gefährlicher einzustufen als gas- oder kraftstoffstoffbetriebene Kfz“, betont Koch.
Vorbereitung
Derzeit verfügen die Feuerwehren in Bielefeld, Gütersloh und Paderborn nach eigenen Angaben jedoch nur über wenige eigene Erfahrungswerte beim Löschen von E-Autos. Doch das dürfte sich mit der Zeit ändern. Denn „die Anzahl der Brände an E-Fahrzeugen wird mit dem Anteil der Fahrzeuge im Straßenverkehr einhergehend weiter steigen“, heißt es. Zu Jahresbeginn machten E-Autos nach Angaben des Kraftfahrtbundesamtes 2,1 Prozent der Fahrzeugflotte in Deutschland aus. Tendenz steigend.
„Eine gute Ausbildung und die Weiterentwicklung von Einsatzkonzepten muss dieser Entwicklung Rechnung tragen. Darauf stellen wir uns in den nächsten Jahren ein“, heißt es aus Paderborn. In der Feuerwehrausbildung sei die Brandbekämpfung an E-Fahrzeugen schon jetzt auf allen Ebenen Thema. „Einsatzkräfte und Führungskräfte werden hierzu besonders geschult“, erklärt die Feuerwehr in der Domstadt. Und in Bielefeld ist man gerade dabei, Einsatzkonzepte für die Bekämpfung von Bränden bei Autos mit „alternativen Antrieben“ zu erstellen.
Selbsthilfe
Doch wie soll man sich verhalten, wenn das eigene E-Auto Feuer fängt? Wichtig sei zunächst, sofort anzuhalten und das Auto zügig zu verlassen, erklärt Hans-Joachim Koch von der Gütersloher Feuerwehr. „Wenn das Fahrzeug in einer Garage steht, möglichst Tore und Türen öffnen, um der Feuerwehr einen schnellen Zugang zum Fahrzeug zu ermöglichen“, heißt es von der Feuerwehr in Paderborn. Zudem sollten, wenn möglich, brennbare Gegenstände aus dem direkten Umfeld des brennenden Autos entfernt werden.
Betroffene sollten natürlich möglichst frühzeitig den Notruf bei der Feuerwehr unter 112 absetzen und keine eigenen Löschversuche unternehmen, da diese in der Regel aufgrund der erforderlichen Löschwassermenge erfolglos seien, heißt es von den Experten aus Paderborn. Bei allen Maßnahmen ist überaus wichtig: „Immer auf die eigene Sicherheit achten und die Maßnahmen nur durchführen, wenn diese gefahrlos möglich sind.“