Hvar - wie alles begann

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HeimchenimWald

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Das Halbheimchen beginnt mit seinen Berichten im Jahr 2006. Zu diesem Zeitpunkt waren wir fast schon erfahrene Kroatienreisende. Unser erster Urlaub in Hvar -und darauf beziehen sich ja seine Berichte - war in der Tat im Jahr 1999, ein Jahr, nach dem wir auf unserer theoretischen Hochzeitsreise nach Korcula mit der ‚Marco Polo’ im Hafen von Stari Grad gehalten hatten und überwältigt wurden vom Duft des Lavendels. Ohne zu wissen, was uns in Korcula erwarten würde, war uns klar: da fahren wir im nächsten Jahr hin.
Und das taten wir dann auch: im September 1999 schmissen wir unsere Habseligkeiten in unser Autochen, von Lutz euphemistisch als Maserati bezeichnet, packten vorsichtshalber das Zelt und die Campingsachen ein, und machten uns auf den Weg in den Süden. Heute, 20 Jahre später, kann man sich fast nicht mehr erinnern, wie zäh und langwierig und beschwerlich diese Reise war: an München vorbei (bei Dachau von der Autobahn runter und über die Landstraße!!) bis Villach, durch den Karawankentunnel, auf kleinen Sträßchen durch Slowenien, ein paar Stunden im Auto geschlafen, weiter nach Rijeka, dort auf die Fähre, im Schlafsack auf Deck übernachtet, am nächsten Morgen dann endlich Ankunft in Stari Grad, Hvar. (Später sind wir auch die Jadranska Magistrale bis Split bzw. bis Drvnik gefahren. Entweder haben wir im Auto übernachtet oder im Zelt oder uns einfach mit dem Schlafsack an den Strand gelegt - wenn ich dran denke, tut mir heute noch der Rücken weh. Und alles ohne Klimaanlage, heute unvorstellbar!)
Wir kamen also morgens in Stari Grad an und fuhren über Brusje nach Hvar. Auf dem Parkplatz vor dem Ortseingang stellten wir das Auto ab, da klopfte es schon an die Fensterscheibe, ein Mann fragte uns mit pfälzischem Zungenschlag: „Seid Ihr aus Derkum? (Auf Hochdeutsch: kommt Ihr aus Bad Dürkheim - ja sicher, steht ja auch so auf dem Nummernschild!). Dusko hatte einige Jahre als Elektriker in unserer Kreisstadt gearbeitet und sich nun in Stari Grad in diesem Metier sehr erfolgreich selbständig gemacht. Er lud uns ein, ihn zu seinem nächsten Arbeitseinsatz zu begleiten; so lernten wir als allererstes den Paradise Garden von Carlo kennen, dem wir bis heute treu geblieben sind. Etliche Gläser Wein später war dann auch geregelt, wo wir Quartier nehmen würden, nur ein paar Schritte vom Arsenal entfernt, in der kleinen Gasse, die zur Kiva-Bar führt, gleich unterhalb des Restaurants Dalmatino. Das gibt es übrigens heute noch, es ist jeden Abend voll besetzt, gegenüber spielt im Park Club Live-Musik, eine sehr angesagte Location. Damals war es noch wenig besucht, überhaupt erholte sich der Tourismus aufgrund des Bürgerkrieges erst allmählich. Laut war es dennoch: Kiva-Bar und Sidro beschallten sich gegenseitig; trotz der spottbilligen Unterkunft - die Preise sind erst in den darauf folgenden Jahren sprunghaft angestiegen - reichte es uns nach einer Woche und wir siedelten um auf den Campingplatz nach Vrboska.
Dennoch: in dieser Woche auf Hvar sind wir dem Charme dieses Städtchens verfallen - wie nachhaltig der Zauber auf uns wirken sollte, war uns damals noch gar nicht bewusst. Mit einem Bootchen fuhren wir tagsüber zum Baden nach Jerolim, das in diesem Sommer von Pero und Ivana bewirtschaftet wurde. Pero ist gebürtiger Hvarer, für ihn war es eine Herzensentscheidung, auf die Insel zurückzukehren. Zuvor hatten die beiden in Deutschland ein kroatisches Lokal geführt bzw. ein jugoslawisches, wie man das damals nannte. Ivana ist ihrem Mann gefolgt, natürlich, ein Kind war unterwegs, das in Hvar aufwachsen sollte. Der Kleine fuhr in Jerolim mit dem Dreirädchen zwischen den Tischen des Restaurants . Pero flirtete mit allen weiblichen Gästen, Ivana scheuchte ihren Mann umher - die Gastlichkeit und Herzlichkeit des Lokals, das sie aufgebaut hatten, ist schwer zu beschreiben. Ich greife mal vor: im darauf folgenden Jahr waren die beiden zu unserer großen Enttäuschung nicht mehr auf Jerolim, die Pacht für das Lokal wurde neu versteigert und die zwei bekamen nicht den Zuschlag. Sie hatten dann zwischenzeitlich das ‚Marinero’ und das ‚Faria‘ und sind nun auch schon wieder seit einigen Jahren im eigenen Betrieb, dem ‚Lungomare‘ in Krizna Luka. Dort haben sie sich ein treues Publikum erworben, Pero ist ein mit Medaillen dekorierter Koch geworden (die er sich übrigens gerne umhängt und damit vor jungen Touristinnen posiert, sehr zum Spott seiner Frau und der Angestellten), Ivana schmeißt den Laden gewohnt tüchtig und umsichtig, ohne sie geht gar nichts. Ein Besuch bei den beiden ist jedes Jahr ein lieber Pflichttermin!

Fortsetzung folgt.
 
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HeimchenimWald

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Fortsetzung „Hvar - wie alles begann“

Jeden Morgen, bevor wie aufs Inselchen fuhren, fanden wir uns an der Riva im Café Suncani Carli zum Frühstücken ein. Lutz nahm dort täglich die Parade ab, wie er es nannte. Auch mir ist das Selbstbewusstsein aufgefallen, mit dem die kroatischen Frauen am Café vorbeipromenierten und ich konnte nicht umhin, die Selbstverständlichkeit zu bewundern, mit der sie erwarteten, beachtet zu werden. Hoch erhobenen Kopfes und auf schwindelerregend hohen Absätzen flanierten sie bereits am frühen Morgen an uns vorbei - und bestanden darauf, dass man ihnen die gebotene Aufmerksamkeit zollte. Lutz schwört heute noch, dass die Damen, sollte er nicht andachtsvoll genug hinter ihnen hergeschaut haben, auf dem Absatz kehrt machten und das Schauspiel des Vorbeilaufens so lange wiederholten, bis er sich angemessen beeindruckt zeigte.
1999 war er selbstredend noch Anfänger in dieser Kunst und lugte hinter der Sonnenbrille hervor. Mit fortschreitender Expertise konnte er die Parade dann ab 2000 auch ohne Sonnenbrille abnehmen.
Abends, bei unserer Rückkehr von einem Badetag auf Jerolim, wiederholte sich die Prozedur, nunmehr von der Terrasse des „Santa Barbara“ aus. Sonnenverbrannt und nach dem Konsum diverser Gläser Weißwein meisterte Lutz sein Pensum schon souveräner.

1999 waren wir erstmals auf Palmizana, das hat Lutz ja bereits berichtet. Nicht erwähnt hat er, dass er als kleiner Junge dort von Toto Meneghello das Schwimmen erlernt hat. Man muss sich vorstellen: seine Eltern fuhren Anfang der 60er Jahre mit ihm und seinen beiden Brüdern im Käfer über den Wurzenpass, die Küstenstraße bis Senj, dann durch das Hinterland bis Knin, wieder zurück an die Küste und weiter bis Split das alles dauerte mehrere Tage, die gesamten Sommerferien gingen für dieses Unternehmen drauf (ich ziehe heute noch den Hut vor meiner Schwiegermutter, die das alles mitgemacht hat - bis in den hintersten Winkel von Marokko sind sie gefahren, aber das ist eine andere Geschichte). Mit dem Postschiff ging es rüber nach Hvar Stadt, dort wurde der Käfer mit dem Kran vom Schiff gehoben, die Familie fuhr mit einem kleinen Fischerboot rüber nach Sveti Klement und nahm Quartier bei der Familie Meneghello. Baden, Tauchen, am Strand Fische grillen, Unmengen von Wein trinken (nur die Erwachsenen selbstredend) - so sah damals der Urlaub aus, ein Naturidyll sozusagen. Ich hatte einige Mühe, Lutz davon zu überzeugen, dass ein wenig mehr Komfort gar nicht so schlecht ist. Das ist mir bis heute nur bedingt gelungen.

Ich habe 1999 auf Palmizana ein Paradies vorgefunden, ein Fleckchen Erde von solcher Schönheit, wie ich es mir bis dahin nicht vorstellen konnte. Auch wenn Eugen Meneghello unzählige Pflanzen von weither auf die Insel gebracht hat, sind sie dort heimisch geworden und erwecken den Eindruck, als seien sie schon immer da gewesen. Inmitten dieser unfassbar schönen Umgebung hat Dagmar Meneghello, Totos Frau bzw. seine Witwe, ein Lokal aufgebaut und mit zeitgenössischer Kunst bestückt, ein Kleinod inmitten eines Dschungels. Nicht zu vergessen: mit einer der besten Küchen, die ich kenne.

Fortsetzung folgt.
 
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Marius

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Marius

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Ok, ich muss nochmals in dieses Palmizana. Ich war ja dieses Jahr bei unserer Bootsüberstellung von Montenegro nach Medulin dort, aber leider nur einen Abend.
Wir waren auch essen, aber leider weiß ich nicht mehr, in welchem von den mehreren Restaurants in dieser schönen Bucht, die ich leider nur bei Dunkelheit gesehen habe.
 
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HeimchenimWald

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Teil 3 „Hvar - wie alles begann“

Da in unserer Schlafstatt im ‚Dalmatino‘ bestenfalls ein Kaffee oder ein Tütensüppchen gefahrlos zuzubereiten war - wobei ich letzteres schon damals vehement ablehnte - versorgten wir uns morgens bei Suncani Carli, mittags auf Jerolim, abends erkundeten wir die Hvarer Gastronomie (ich geb’s ja zu, das ist einigermaßen verfressen). Unser bevorzugtes Ziel war der Paradise Garden. Wir schätzen dieses Lokal auch heute noch außerordentlich und versäumen es nie, mindestens einen Abend in unserem Urlaub dort zu verbringen. Nicht unerwähnt bleiben sollen Carlos K.O. Tropfen, die uns nachhaltig beeindruckt haben. Mit den Worten „Macht Kopf nicht kaputt, nur Beine“ servierte er uns in diesem ersten Urlaub auf Hvar eine Karaffe mit einem halben Liter eines tiefroten, schweren Rotweins, angeblich von seinem Großvater aus der Rebsorte Dingac gekeltert. Selten habe ich so einen köstlichen Wein getrunken (Bruno brachte dieses edle Gesöff mit, als er sich zum Verzehr des Handballmannschaftsfisches in unserer Wohnung auf dem Kilimandscharo einfand, siehe auch ‚Bericht aus Hvar‘). Unser Gastgeber hatte natürlich Recht: der Kopf ging auch beim dritten halben Liter nicht kaputt, wir konnten uns angeregt und möglicherweise auch geistreich unterhalten. Schwierig wurde es erst, als wir den Heimweg von circa 150 Metern in Angriff nahmen und die Beine ein regelrechtes Eigenleben entwickelten. Ähnliches konnte ich beobachten, als wir im Jahr zuvor theoretisch unsere Hochzeit in Salzburg gefeiert haben und der mir zu diesem Zeitpunkt dann doch noch nicht Angetraute eine eigenwillige Gangart entwickelte. Nie hätte ich gedacht, dass es auch mir einmal so ergehen könnte!
Im Rückblick betrachtet, war unser Aktionsradius im Jahr 1999 relativ klein. Soviel Angebot wie heute gab es auch nicht. Was mich aber bis heute restlos begeistert ist die Mischung aus ungezwungenem Strandleben, vielseitigem Ausgehangebot und architektonisch traumschöner Kulisse. Nachdem wir Vrboska, Stari Grad und Jelsa besucht hatten, war uns klar, dass wir wieder nach Hvar Stadt zurückkehren würden. Allerdings hatte 1999 noch niemand daran gedacht, dass dies 2019 noch genau so gelten würde…..

Jetzt mal Pause. Es geht demnächst weiter mit dem Bericht aus dem Jahr 2000.
 
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HeimchenimWald

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Lieber Marius, ja, Palmizana (wobei das ja nur der Name einer Bucht auf Sveti Klement ist) ist unbedingt einen Besuch wert. Dagmars Restaurant ist nach wie vor und nach all den Jahren immer noch großartig, die anderen Restaurants kenne ich nicht. Lohnend ist ein Besuch bei Dionys, das ist Richtung Vlaka, und gänzlich glücklich bin ich bei Perina und Lasse im Fisherman's House.
 
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Marius

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Hm, Wikipedia meint, dass auch ein kleines Örtchen so benannt ist, aber das tut ja nichts zur Sache. Wir legten in dieser Marina an (siehe Bild) und gingen dann ein kurzes Stück durch ein hübsches Wäldchen mit vielen Kakteen hinüber in die Bucht, wo die Boote nur ankern können:

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Wir sind bis zum Strand gelaufen und hier sind wir dann die Treppen hoch (auf der linken Seite des Bildes) und haben da ziemlich gut zu Abend gegessen. :)

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In dieser Marina habe ich uebrigens das klarste Wasser von allen Marinas und allen Häfen, die ich bisher besucht habe, gesehen, und das waren schon einige! Es ist unbeschreiblich klar, da fehlen mir die Worte, um das zu beschreiben, man möchte direkt duschen gehen ehe man reinspringt, und wohlgemerkt, da stehen ein Haufen Boote herum!!! Unglaublich!
 

Heiko705

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Palmižana ist ja nur die Marina. Der Strand auf der anderen Seite heißt Vinogradišće. Es hat sich so eingebürgert, dass alle nur von Palmižana reden, wenn sie die ganze Insel meinen.

Ich weiß, dass Du da warst, Mario. Das gefällt mir auch, da ich 2017 ja auch einen Nachmittag dort verbracht habe. Es war der entspannendste Nachmittag des Urlaubs.
 
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Halbheimchen

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Da hast du ganz Recht, Heiko. Jeder spricht nur von Palmizana, wenn er die Insel Sveti Klement meint. Das sind übrigens mehrere Inseln, die für die Touristen Hölleninseln genannt werden. Das klingt halt interessanter. Tatsächlich heißen sie Harzinseln. Dort wurde früher das Harz der Pinien gewonnen, um die Schiffe zu kalfatern, also gegen das Meerwasser abzudichten.
 
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Marius

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Man erlaube mir Kulturbanausen bitte die Frage, welches Gemälde denn als der Heimchens Avatar dient!
 
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Halbheimchen

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Das ist ein Ausschnitt eines Bildes, das in unserem Wohnzimmer hängt. Ich habe das mit dem Handy abfotografiert. Es ist ein Bild von Mersad Berber, dem berühmtesten Maler Bosniens. Der Titel ist 2 Mädchen bei Dubrovnik III.

Wir haben 2000 Dubrovnik besucht, damals noch ohne die Touristenströme. Dafür gab es aber einen Jahrhundertregen. Das Wasser strömte in Sturzbächen die Treppen runter auf die Stradun. Wir haben uns in eine Galerie geflüchtet. Da gab es naive Kunst. Nur ein Bild hat mich interessiert. Die Galeristin sagte mir, dass wäre das einzige Bild von Wert in ihrer Galerie. Das war ein Werk von Mersad Berber. Damals hätte ich gerne gekauft, da ich der felsenfesten Überzeugung war, ein Kunstwerk zu einem relativ kleinen Preis erwerben zu können. Aber wir hatten damals das Geld nicht. Wenn ich es gehabt und gekauft hätte, könnte ich heute mit sehr viel Gewinn verkaufen.

Jetzt haben wir einen echten Berber im Wohnzimmer hängen und denken nicht daran, irgend etwas gewinnbringend zu verkaufen.
 
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HeimchenimWald

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Na ja, einen echten Mersad Berber - es handelt sich um eine Lithographie, allerdings handsigniert. Ich habe das bei Bild bei einer Galerie entdeckt, die sich von verschiedenen Künstlern getrennt hat, um sich nach Umbau neu zu fokussieren. Die ungeplante Ausgabe hab ich gebeichtet, als der Deal bereits in trockenen Tüchern war. Wir lieben es sehr!
Sind die zwei Damen nicht zauberhaft?
 
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Marius

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Oh, doch sehr, deshalb habe ich nachgefragt!
Schade, dass ihr das Bild damals nicht erstehen konntet, das wär‘s gewesen. :)
 
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Halbheimchen

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Im Bericht 2007 habe ich etwas zu Mersad Berber geschrieben, nämlich als ich mit Moritz in Vrbenik auf Krk war und neben dem Weinkeller und dem Nada auch die Galerie von Berber besucht habe. Berber war damals nicht da, aber ein naher Verwandter. Schon damals, also 2006, waren die Preise im Vergleich zu Dubrovnik 2000 drastisch angezogen.
 
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HeimchenimWald

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.....es geht weiter.

2000 sind wir zum ersten und letzten Mal im August angereist. Wie bereits erwähnt, gab es damals noch keine Autobahn, die Fahrt war zäh und beschwerlich. In meinen Tagebuchaufzeichnungen von damals finde ich den Eintrag: am 13. August abends um 18 Uhr losgefahren, die ganze Nacht durchgefahren, morgens um 5 Uhr in Brestova eingereiht zur Fährüberfart nach Cres. Das war damals unser erstes Etappenziel. Den Zeltplatz Baldarin ganz im Süden der Insel erkannten wir fast nicht wieder: es war proppenvoll, gerade mal ein kleines Fleckchen für unser Zelt fanden wir in der Lucica-Bucht. Genau zwei Tage haben wir es ausgehalten, dann sind wir spontan zu Lutz Cousine gefahren, die - damals noch mit Ehemann Nummer 2 - in Crikvenica urlaubte. Und auch hier wollten wir nicht bleiben, es zog uns weiter Richtung Süden. Wir fuhren die Küstenstraße bis Split, eine andere Route gab es nicht. Heute fahren wir zumeist auf der Autobahn runter, das geht bequem und schnell. Allerdings: so mühsam die Jadranska Magistrale zu fahren ist, so schön ist sie auch. Hinter jeder Biegung neue Ausblicke auf das Meer, die Landschaft wird allmählich immer südlicher - wer nicht am Steuer sitzt, hat einen großen Genuss.

Mit der Fähre setzen wir von Split über nach Stari Grad. Die neue Straße war fertiggestellt, im Handumdrehen erreichten wir Hvar Stadt und suchten dort zuallererst Carlo im Paradise Garden auf, um die Frage unseres Urlaubsquartiers zu klären. Er verwies uns an die Kustodin des kleinen Hvarer Museums,mit der wir uns vor dem Hotel Bodul trafen. Ein nettes Apartmenthaus oberhalb von Krizna Luka, ein geräumiges Zimmer mit Balkon, es wäre alles prima gewesen, wenn es denn nicht so heiß gewesen wäre. Drei Jahre vor dem Jahrhundertsommer in Deutschland habe ich zum ersten Mal gespürt, dass es auch zuviel Sommer sein kann: nachts habe ich mehrfach geduscht, um mich abzukühlen, und mich dann ohne abzutrocknen wieder hingelegt - nichts hat geholfen, vor der Hitze gab es kein Entrinnen. Für mich ist das nix. Wir reisen jetzt im Früh- und Spätsommer, und ich habe den Eindruck, dass in den letzten zehn Jahren die Temperaturen auch im Juni und September merklich gestiegen sind.

Das Wiedersehen mit "unserer" Insel war wunderbar. Mehrmals fuhren wir rüber nach Jerolim, auch wenn das dortige Lokal zu unserem großen Bedauern nicht mehr von Pero und Ivana bewirtschaftet wurde. Aber das Baden war traumhaft, und auch jetzt in der Rückschau von annähernd zwanzig Jahren muss ich sagen: beinahe nirgendwo kann man schöner schwimmen gehen. Wir fuhren nach Palmizana, ins Restaurant Meneghello, das auch heute noch zu unseren Favoriten zählt und das wir möglichst in jedem Urlaub einmal aufsuchen. Kaum zu glauben, wie ruhig die Bucht damals war. Es gab noch das Restaurant "Novak", auch ein netter Laden, dort ist heute das Lagannini. Keine Rede von den vielen Booten, die in der Bucht vor Anker liegen! Ich will aber die Vergangenheit nicht nostalgisch verklären, es ist auch heute sehr schön - aber halt anders.

Noch eine historische Begebenheit: die Beschaffung von Bargeld. Heute ist das kein Thema, man geht an den Geldautomaten und zieht Bargeld oder man zahlt mit der Kreditkarte .
2000 - und das ist ja nicht sooooo lange her - musste man mit der EC-Karte und einem Euroscheck bei der Bank vorstellig werde, den Personalausweis oder Reisepass bereithalten, dann wurden die Ausweisdaten auf der Rückseite des Schecks festgehalten, dann wurde der Gegenwert von 300 Schweizer Franken in Kuna ausgezahlt. Die ganze Prozedur war recht zeitaufwändig, und man darf auch nicht vergessen, dass die Bank zuhause auch nur eine begrenzte Anzahl von Euroschecks herausgab. Es galt daher planvoll mit den Finanzen umzugehen; generell wurde sehr viel mehr bar abgewickelt als heute...

Nach knapp zwei Wochen reisten wir ab, fuhren weiter nach Sucuraj, von dort setzten wir mit der Fähre aufs Festland über und fuhren südlich Richtung Dubrovnik. Kurz hinter Neum - immerhin fast eine Tagesetappe von Drvnik - bauten wir unser Zelt auf, direkt am Strand. An Schlaf war nicht zu denken, daran erinnere ich mich, als wäre es gestern gewesen. Die Wälder entlang der Küste brannten, ständig knallte es - Landminen aus dem nicht lange zurückliegenden Krieg, so wurden unsere Befürchtungen am nächsten Tag bestätigt. Ziemlich übernächtigt setzten wir unsere Fahrt am nächsten Tag fort.

Dubrovnik war ein Traum! Die Stadtmauer, die Stradun, die kleinen Gässchen, der Hafen, wir waren uns einig, dass dies der Höhepunkt unserer Reise war. Wenn ich bedenke, wie überlaufen die Stadt heute ist, bin ich erst recht froh, dass ich diese Erinnerungen habe.

In Anbetracht der vorherigen Nacht, die wenig komfortabel war, schlug Lutz vor, ein Hotel zu nehmen. Dafür war ich zu geizig und auch zu vergnügungssüchtig: ich wollte Nachtleben in Dubrovnik haben - und für die paar Stunden, bis um 6 Uhr morgens das Schiff nach Rijeka gehen sollte, fand ich die Investition in ein Hotelzimmer überflüssig. Das hab ich noch schwer bereut! Lutz streckte sich, als wir gegen halb eins zum Auto zurückkamen, im bis zum Dach vollgepackten Auto aus, so gut es eben ging, ich rollte mich mehr schlecht als recht auf dem Beifahrers zusammen, lange hielt ich das nicht aus. Ich patrouillierte den Rest der Nacht um das Auto, in Gesellschaft einer ganzen Truppe von streunenden Katzen, an die ich die Fundstücke aus der Kühlbox verfütterte. In einer Bäckerei unweit des Parkplatzes bemerkte ich gegen vier Uhr Licht und Betrieb, also nichts wie hin, rein in die Backstube. Man staunte nicht schlecht über mein Erscheinen, verstand aber auch sehr schnell mein Begehren: Kaffee und ein süßes Teilchen, beides erhielt ich, der Morgen war gerettet.

Mit der Fähre, der Ivan Zaic, ging es retour nach Rijeka. Bei stürmischem Wetter und Seegang war erneut nicht an Schlaf zu denken, zumal wir keine Kabine hatten, sondern unseren Schlafsack in eine halbwegs windgeschützte Ecke schmissen.

Ich staune selbst, welche Unbequemlichkeit man damals ohne Murren (oder fast ohne Murren) bewältigt hat.

Fortsetzung folgt.
 
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HeimchenimWald

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..... weiter geht es:

September/Oktober 2001
Wir fuhren erstmals die Strecke über Passau, Graz, Maribor und steuerten als erstes Ziel Plitvice an. Spät abends bauten wir auf dem Campingplatz unser Zelt auf. Es war ganz schön frisch! Am nächsten Morgen war allerdings der Hochzeitstagssekt bestens gekühlt! In unserer Nachbarschaft ein winziges Zeltchen, aus dem nacheinander drei, nein vier junge Frauen gekrabbelt kamen. Wir entschuldigten uns für etwaige nächtliche Ruhestörung. In breitestem Sächsisch versicherte man uns, das sei überhaupt kein Problem, man habe mollig aneinander gekuschelt
unseren Aufbau akustisch verfolgt und sich gefreut, bei der Kälte nicht draußen rumturnen zu müssen. Schadenfreude ist offenbar wirklich die schönste Freude. Es sei den Mädels gegönnt, sie waren sehr nett.
Dann also die Seen. Lutz hat in seinem Bericht bereits erwähnt, dass ich als Kind ein großer Winnetou-Fan war, ich hatte ernstlich erwogen, Indianerin zu werden und überdies beabsichtigt, Old Shatterhand zu heiraten. Nun denn, das ist ja bekanntlich anders gekommen. Aus den Filmen hatte ich also bereits den ein oder anderen landschaftlichen Eindruck. Was ich aber nun zu sehen bekam, verschlug mir die Sprache, so einmalig ist der Blick auf den großen Wasserfall, der sich gleich am unteren Eingang bietet. Es ist atemberaubend, großartig, mir sind die Tränen gekommen. Viel los war nicht, das hat sich zwischenzeitlich geändert, wir waren auch schon sehr früh dran und sind den ganzen Tag durch diesen einzigartigen Naturpark gestreift, über die Stege zwischen den Seen, mit dem Elektroboot über den großen See am oberen Ausgang, über verschlungene Pfädchen, durch dunkle Wälder, immer wieder der Blick auf die verschiedensten Grün- und Blaufärbungen des Wassers. Es ist mir unvergessen geblieben. Vor geraumer Zeit wurde im Fernsehen eine Dokumentation über die Plitvicer Seen gezeigt (und wie im deutschen Fernsehen üblich seither mehrmals wiederholt, sicher kennen viele den Beitrag); seither ist ein Besuch der Seen im Winter, bei Schnee und möglicherweise gefrorenen Wasserfällen auf meiner Reisezielwunschliste weit oben.
Über Knin fuhren wir tags drauf weiter nach Split und setzen mit der Fähre über nach Hvar. Gewohnheitsmäßig fanden wir uns zuerst im Paradise Garden ein und baten Carlo um Hilfe bei der Zimmersuche. Sein Koch vermietete uns ein Apartment am Ortseingang - toll war es nicht, am Ende des Urlaubs gab es auch noch Zank, das war unerfreulich, am besten Schwamm drüber und nicht mehr dran denken. In diesem Jahr entstand aber der Entschluss, es eventuell mit einem Hotelaufenthalt zu versuchen.
Bei unserem dritten Aufenthalt auf der Insel fühlten wir uns fast schon als Insider, wir kannten viele Lokale, und das schönste war: viele erkannten uns wieder und begrüßten uns wie alte Bekannte, ob es der Taxibootfahrer war, die Marktfrau, der Kellner im Slavija, wo wir abends zum Tanzen gingen und der uns ungefragt einen halben Liter Weißwein (pola litre bjelo vino) servierte: wie immer!
"We immer" - das ist offenbar eine Zauberformel der jährlich wiederkehrenden Stammgäste. Mit dem Ausdruck "wie immer" kann man sich von denen unterscheiden, die erstmals auf Hvar Urlaub machen, Greenhorns sozusagen, und klar machen, dass man selbst schon so oft hier war, dass Wünsche und Vorlieben bekannt sind und selbstverständlich erfüllt werden. Das hat schon fast etwas von kolonialer Überheblichkeit, finde ich. Auch hier kommt es zu großartigen Missverständnissen: Ein Gast im Santa Barbara, eigenem Bekunden zufolge bereits seit über 30 Jahren wiederkehrend, bestellte sich täglich bei der Rückkehr vom Badeinselchen einen Wodka Lemon: "Wie immer", das war seine Bestellung. Er bekam auch das Gewünschte. Auf der Preisliste in deutscher Fassung tauchte das Getränk dann auf als "Wimmer" - so hatte es der kroatische Kellner verstanden und angenommen, das sei der deutsche Begriff. Leider ist beim Übergang des Santa Barbara in den Roten Baron diese schöne Vokabel verloren gegangen und so weiß heute niemand mehr, was ein Wimmer ist.
Die Geschichte ist wahr, ich schwöre es. Indianerehrenwort!
 
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Halbheimchen

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Es war die Verlobte des Schweberats, die ab 18 Uhr mit ihren Wimmern begonnen hatte. Der Schweberat selbst blieb bei seinem "Gemischt" oder "Pola Pola". Also einem halben Liter Weißwein und einem halben Liter Mineralwasser. Im Gegensatz zu seiner Verlobten, die erst ab 18 Uhr zu wimmern begann, nahm der Schweberat seine Trinktätigkeit schon ab 10 Uhr vormittags auf. Am Ende des Tages kam er damit auf erhebliche Gemischtmengen. Er ist dabei aber niemals in irgend einer Form auffällig geworden. Da zeigt es sich, wer Charakter hat. Der Schweberat konnte sich mit Anstand betrinken. Und das sogar im Urlaub!
 
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HeimchenimWald

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Besagte Verlobte war indes nicht die Schöpferin des Wimmer, wenngleich sie auch regen Gebrauch davon machte.
 
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