Ich möchte mit diesem Beitrag ein Thema ansprechen, welches vermutlich nicht nur für mich sondern für die meisten Menschen völlig unbekannt war. Es geht um das Thema Kosaken in Friaul und Osttirol am Ende des Zweiten Weltkriegs.
Nachdem ich häufiger über Lienz und den Plöckenpaß nach Istrien fahre, habe ich in den letzten Jahren immer neue Spuren der Kosaken in der Gegend entdeckt. Sei es die überdimensionale Kirche in Timau oder die Gedenktafel an die Kosakentragödie in Oberdrauburg. Da lag es nahe, auch mal den Kosakenfriedhof in Lienz zu besuchen.
Wikipedia hat sich ausführlich mit der Lienzer Kosakentragödie befaßt. Besser kann ich es nicht erklären.
https://de.wikipedia.org/wiki/Lienzer_Kosakentragödie
Hier im Bericht kann ich euch den Friedhof und die erst vor wenigen Jahren gebaute Kapelle im Stadtteil Peggetz zeigen.
Direkt neben diesen auch heute noch bewohnten Baracken befindet sich der kleine Friedhof.
Immer Sonntags ist die Kapelle geöffnet. Der Friedhof wird von Erika Pätzold gepflegt. Die ist dann auch da und öffnet die Kapelle.
Das ist Frau Pätzold. Sie hat als Kind die Tragödie im oberen Drautal miterlebt.
Es gab auch Überlebende. Vor allem junge Kosaken flohen in die Berge und dienten sich Bergbauern als Knechte gegen Kost und Logis an. Arbeit gab es genug. Die meisten arbeitsfähigen Männer waren gefallen oder in Kriegsgefangenschaft. Wieviele der Auslieferung durch die Engländer an die Russen und damit dem sicheren Tod entgangen sind, ist nur zu schätzen. Die Engländer hatten, nachdem der Güterzug mit sämtlichen Kosaken einschließlich deren Familien in Judenburg den Russen übergeben war wohl anderes zu tun, als nach einzelnen geflohenen Kosaken in den Bergen zu suchen.
Der Friedhof wurde bereits im Jahr 1945 angelegt. Die Kapelle wurde erst 2015 gebaut.
In 28 Gräbern liegen etwa 300 Kosaken.
Die Drau fließt direkt am Friedhof vorbei. Die Kosaken lagerten meist relativ nahe an der Drau, weil es dort natürlich im Frühjahr 1945 ausreichend Wasser gab. Die meisten Familien, wir sprechen hier von insgesamt etwa 25.000 Menschen, führten den gesamten Hausrat auf Pferdefuhrwerken mit. Etwa 35.000 Menschen, davon ca. 23.000 Soldaten wurden ja bereits im Sommer 1944 in der Gegend von Tolmezzo angesiedelt. All die zogen im April 1945 in riesigen Trecks über den Plöckenpaß bis ins Drautal.
In diesem Jahr führte die Drau Anfang Juni Hochwasser. Als die Deportation unter Waffengewalt begann, sprangen hunderte Kosaken, meist ganze Familien mit den Kindern in den Armen oder auf den Händen ins Wasser, weil ihnen der sofortige schnelle Tod wohl lieber war als das was in der UdSSR auf sie wartete. Frau Pätzold hat mir manches geschildert, was ich hier nicht widergeben möchte.
Der Friedhof liegt heute am Drau Radweg. Die meisten Radler, die ich sah fuhren vorbei. Vielleicht kennen die, weil sie aus der Region stammen diesen Friedhof. Vielleicht findet er aber auch gar kein Interesse bei der Mehrzahl, weil man sich am Sonntag halt in der freien Natur erholen möchte und die traurige Geschichte der Kosaken fast vergessen ist.
grüsse
Jürgen