Unser Adventskalender 2019

Nana77

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20. Dezember

Ich möchte euch eine wahre Begebenheit aus meinem Landkreis erzählen.
An der Bundesstraße zwischen Lüneburg und Barendorf steht ein beleuchteter Weihnachtsbaum im Wald und auch an anderen Strassen im östlichen Landkreis kann man immer wieder beleuchtete Weihnachtsbäume finden.
Ich finde das ist sehr schön anzuschauen daher gilt mein Dank der Person, die dafür verantwortlich ist!

Hier die Geschichte dazu...

Alles beginnt vor einigen Jahren, ein Vater bereitet sich auf den Geburtstag seiner Tochter vor. Seit der Trennung der Eltern lebt das Mädchen bei ihrer Mutter, doch dieses Mal wird sie ihren Geburtstag beim Papa feiern – und der möchte ihr etwas ganz Besonderes bieten.

Er überlegt hin und her, dann kommt ihm plötzlich eine Idee. Er legt Lichterketten um sieben kleine Tannen im Waldstück zwischen seinem zu Hause und dem der Tochter, versieht sie mit Batterien und Zeitschaltuhren. Als er sich am Abend ihres Geburtstag schließlich von seiner Tochter verabschiedet, nimmt er sie in den Arm und flüstert: „Wenn du jetzt nach Hause fährst, musst genau in den Wald schauen, da wartet eine Überraschung auf dich.“
In dem Waldstück sind die Lichter unterdessen angegangen – sieben kleine Weihnachtsbäume leuchten für das frisch gebackene siebenjährige Mädchen.

Diese eine Idee zog Kreise. Die Menschen freuten sich so sehr über seine Glitzerbäume, dass sie ihm zum Dank ein kleines Päckchen unter die Tanne legten.

In den weiteren Jahren dann weitete der Vater seine Aktion aus, er beleuchtete nicht nur für die Tochter acht Tannen zwischen den Orten, sondern auch eine für seine Freundin zwischen Ellringen und Dahlenburg.
„Und weil ich lichterkettenverrückt bin, sind dann noch welche beim Nutzfelder Kreisel, zwischen Bleckede und Neetze und zwischen Dahlenburg und Bleckede dazugekommen.“ schreibt die lokale Zeitung.

Eine Aktion, mit der er Menschen aus der ganzen Region verzaubert.
Leider habe ich kein passendes Bild dazu, hoffe aber, dass ich euch mit dieser schönen Geburtstags- Weihnachtsgeschichte auch ein wenig verzaubern konnte und wünsche allen schöne Weihnachten.


Edit, doch noch ein halbwegs passendes Bild zum Thema Lichterkette gefunden:

 
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claus-juergen

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Wenn man sich diese Weihnachtsbeleuchtung ansieht denkt man, daß die an sich nichts Besonderes ist. Gerade beim Thema Beleuchtung ist in den vergangenen Jahren ein regelrechter Wettbewerb unter Geschäften, Hotels und Gaststätten, aber auch Privatpersonen ausgebrochen.

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Diese Weihnachtsbeleuchtung jedoch ziert den Eingang eines Hotels in Khao Lak, einer beliebten Urlaubsregion am Indischen Ozean in Thailand. Wieso Weihnachtsbeleuchtung in Thailand? Das Land ist doch überwiegend buddhistisch. Da gibt es doch gar kein Weihnachten.

Die Dekoration und Beleuchtung ist auch nicht für die Bewohner dieses Landes, sondern für die überwiegend europäischen Besucher gedacht. Frägt man einen thailändischen Angestellten des Hotels nach dem Grund dieser Beleuchtung, erhält man zur Antwort sinngemäß „wir machen das immer um die Zeit für die Touristen – die lieben das“.

Jedes Jahr um die Weihnachtszeit verabschieden sich immer mehr Menschen unter uns für ein paar Tage aus der Heimat. Der Heilige Abend mit Christbaum und Geschenken, die Christmette, aber auch das Beisammensein mit der Familie sind immer weniger gefragt. Was sind die Gründe dafür? Ist es die Dauerberieselung mit Weihnachtsmusik auf allen Kanälen und in jedem Laden? Sind es die schon seit dem Herbst mit Lebkuchen und anderem Weihnachtsgebäck vollgestopften Läden? Überall noch bessere und günstigere Angebote, heute „sale“ genannt. Soll Mama nicht mehr die gesamten Feiertage in der Küche stehen um alle zu bekochen? Ist es der Verzicht auf den Konsum in Form von prestigeträchtigen und immer teurer werdenden Geschenken? Ist es das Ausnutzen von mehreren Feiertagen zusammen mit wenigen Urlaubstagen für einen längeren Urlaub? Ist es nicht alle Jahre das gleiche, wenn die ganze Verwandtschaft da ist? Ist es die Flucht vor dem Winter, auch wenn der gerade um diese Zeit oft auf sich warten lässt?

Es wird wohl eine Mischung von vielen dieser und anderer ungenannter Faktoren sein, die Millionen unter uns gerade an Weihnachten in die Fremde und südliche Breiten treibt.

Ich glaube, daß Weihnachten für einen Großteil der Mitbürger den Sinn verloren hat. Es ist zu einem reinen Konsumrausch verkommen. Kaum sind die Feiertage vorbei, geben die Einzelhandels- und Wirtschaftsverbände ihre Verkaufszahlen bekannt. Manche Branchen leben sogar vom Weihnachtsgeschäft.

Ist man jedoch in der Ferne, soll wohl durch weihnachtliche Dekoration zumindest ein Hauch von Weihnachten durchs Hotel wehen. So ganz kann man sich wohl nicht diesem ursprünglich christlichen Fest entziehen.

Mit diesen Gedanken wünsche ich euch allen ein friedliches Weihnachten, wie auch immer es jeder nach seinem Geschmack feiern will oder auch nicht.


Was ich an Weihnachten mache, wollt ihr wissen? Naja, einen Christbaum gibt es schon viele Jahre nicht mehr. Am Montag werde ich mit den Enkeln zur Waldweihnacht bei uns im Dorf gehen. Dabei erzählt man eine biblische Geschichte an mehreren Stationen. Am Ende gibt es ein Lagerfeuer mit Plätzchen (bei uns Laibla genannt) und Glühwein.

Meine Frau und ich schenken uns hoffentlich ein weiteres gemeinsames Jahr. Die erwachsenen Töchter bekommen eine Kleinigkeit, ebenso die Enkel und an den Feiertagen gibt es eine relativ einfache schnelle Küche wobei die erwachsenen Kids zum Essen vorbeikommen, wohnen die doch nebenan. Die Oma ist kurz da, wenn sie gesundheitlich dazu in der Lage ist. Wenn nicht, besuchen wir sie, wohnt sie doch auch bei uns im Ort.

jürgen
 
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HeimchenimWald

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22. Dezember. Noch zwei Tage bis Weihnachten.

Liebe Foris und Kroatienfans, gerne möchte ich meine Lieblings-Weihnachtsgeschichte mit Euch teilen:

Worüber das Christkind lächeln musste
von Karl Heinrich Waggerl

Als Josef mit Maria von Nazareth her unterwegs war, um in Bethlehem anzugeben, dass er von David abstamme - was die Obrigkeit so gut wie unsereins hätte wissen können, weil es ja längst geschrieben stand -, um jene Zeit also kam der Engel Gabriel heimlich noch einmal vom Himmel herab, um im Stalle nach dem Rechten zu sehen.
Es war ja sogar für einen Erzengel in seiner Erleuchtung schwer zu begreifen, warum es nun der allererbärmlichste Stall sein musste, in dem der Herr zur Welt kommen sollte, und seine Wiege nichts weiter als eine Futterkrippe. Aber Gabriel wollte wenigstens noch den Winden gebieten, dass sie nicht so grob durch die Ritzen pfiffen, und die Wolken am Himmel sollten nicht gleich wieder in Rührung zerfließen und das Kind mit ihren Tränen überschütten, und was das Licht in der Laterne betraf, so musste man ihm noch einmal einschärfen, nur bescheiden zu leuchten und nicht etwa zu blenden und zu glänzen wie der Weihnachtsstern.
Der Erzengel stöberte auch alles kleine Getier aus dem Stall, die Ameisen und Spinnen und Mäuse, es war nicht auszudenken, was geschehen konnte, wenn sich die Mutter Maria vielleicht vorzeitig über eine Maus entsetzte! Nur Esel und Ochs durften bleiben. Der Esel, weil man ihn später ohnehin für die Flucht nach Ägypten brauchte, und der Ochs, weil er so riesengroß und so faul war, dass ihn alle Heerscharen des Himmels nicht hätten von der Stelle bringen können.
Zuletzt verteilte Gabriel noch eine Schar Engelchen im Stall herum auf den Dachsparren, es waren solche von der kleinen Art, die fast nur aus Kopf und Flügeln bestehen. Sie sollten ja auch bloß still sitzen und Acht haben und sogleich Bescheid geben, wenn dem Kinde in seiner nackten Armut etwas Böses drohte. Noch ein Blick in die Runde, dann hob der Mächtige seine Schwingen und rauschte davon.
Gut so. Aber nicht ganz gut, denn es saß noch ein Floh auf dem Boden der Krippe in der Streu und schlief. Dieses winzige Scheusal war dem Engel Gabriel entgangen, versteht sich, wann hatte auch ein Erzengel je mit Flöhen zu tun!
Als nun das Wunder geschehen war, und das Kind lag leibhaftig auf dem Stroh, so voller Liebreiz und so rührend arm, da hielten es die Engel unterm Dach nicht mehr aus vor Entzücken, sie umschwirrten die Krippe wie ein Flug Tauben. Etliche fächelten dem Knaben balsamierte Düfte zu, und die anderen zupften und zogen das Stroh zurecht, damit ihn ja kein Hälmchen drücken oder zwicken möchte. Bei diesem Geraschel erwachte aber der Floh in der Streu.
Es wurde ihm gleich himmelangst, weil er dachte, es sei jemand hinter ihm her, wie gewöhnlich. Er fuhr in der Krippe herum und versuchte alle seine Künste, und schließlich, in der äußersten Not, schlüpfte er dem göttlichen Kinde ins Ohr.
"Vergib mir!", flüsterte der Floh atemlos, "aber ich kann nicht anders, sie bringen mich um, wenn sie mich erwischen. Ich verschwinde gleich wieder, göttliche Gnaden, lass mich nur sehen, wie!" Er äugte also umher und hatte auch gleich einen Plan. "Höre zu", sagte er, "wenn ich alle Kraft zusammennehme und wenn du still hältst, dann könnte ich vielleicht die Glatze des heiligen Josef erreichen, und von dort weg kriege ich das Fensterkreuz und die Tür" ...
"Spring nur", sagte das Jesuskind unhörbar, "ich halte still!" Und da sprang der Floh. Aber es ließ sich nicht vermeiden, dass er das Kind ein wenig kitzelte, als er sich zurechtrückte und die Beine unter den Bauch zog.
In diesem Augenblick rüttelte die Mutter Gottes ihren Gemahl aus dem Schlaf. "Ach, sieh doch!" sagte Maria selig, "er lächelt schon!"
 
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Halbheimchen

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Der 23. Dezember


Liebe Foris,

hier mein Beitrag zum Adventskalender für den 23.12. 2019. Leider habe ich damals, als sich die Geschichte zugetragen hat, keine Fotos gemacht. Daher gibt es nur Text. Ich bin aber dieses Wochenende nach München gefahren und habe einen time slot genutzt, um das Deutsche Museum München aufzusuchen. In meiner Weihnachtsgeschichte nimmt ein Chevrolet Impala eine wichtige Rolle ein. Mein Plan war, dort im Museum einen Impala zu fotografieren. Ich bin mir wegen der Urheberrechte und dem copyright immer unsicher, ob ich eine Bild aus dem Internet downloaden und veröffentlichen darf.

Einen Impala habe ich nicht gefunden, aber unser Auto, mit dem wir - bzw. zuerst meine Eltern - ab den 1950ern nach Jugoslawien in die Kvarner Bucht gekommen sind. In meinemn "Berichten aus Hvar" könnt ihr die alten Bilder von dem Auto sehen.





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Deutsches Museum München 21.12.2019, Heckansicht: VW Standard Baujahr 1949




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Deutsches Museum München 21.12.2019, Frontansicht: VW Standard Baujahr 1949



So etwas ähnliches wie einen Implala habe ich aber doch noch fotografieren können. Das zeige ich euch gleich.






Auf der Flucht vor Weihnachten nach Istanbul


Im Jahr 1978 bin ich mit Suzy „gegangen“. So wurde damals eine Liebesbeziehung zwischen Teenagern bezeichnet. Sie hieß eigentlich ganz anders. Sie hatte den Namen von dem Song „Suzy Q“. Die Rolling Stones haben das 1964 gecovert. Bekannt wurde aber die Version von Creedence Clearwater Revival. Wir waren beide am selben Gymnasium in der Oberstufe, Suzy war eine Klasse unter mir und ein oder zwei Jahre jünger als ich. „Miteinander gehen“ bedeutete damals, dass man gemeinsam den Unterricht blau gemacht hat und zum Flippern oder einfach nur zum Trinken in eines der Lokale in der Stadt gegangen ist, in den Unterrichtspausen gemeinsam in die Raucherecke. An den Wochenenden waren wir auf Partys oder in einer der vielen Clubs, die von den ausländischen Militärangehörigen besucht wurden. Damals waren bei uns mehrere zehntausend amerikanische Soldaten stationiert, auch Soldaten aus vielen anderen Ländern. Für uns deutsche Teenager war das eine ganz neue und aufregende Welt, die wir hautnah mitbekommen haben: den Drogenhandel, die Prostitution, den Exzess bei den Feiern, die Schlägereien, die von der Military Police brutal beendet wurden, die Andersartigkeit zu unserer kleinen provinziellen Welt, den Soul und den Funk, die Art und Weise, wie die Farbigen dazu getanzt haben. Die amerikanischen Soldaten hatten damals wegen des harten Dollars viel Geld, was an den Wochenenden ausgegeben werden musste. Wir haben von den GIs für kleines Geld stangenweise Zigaretten und Gallonen Jim Beam und weißen Bacardi gekauft. Unter der Hand hatten die noch weitere Sachen im Angebot. Es gab in Kaiserlautern einen Ableger des legendären Cotton Clubs in New York, in dem alles aufgetreten ist, was damals Rang und Namen hatte. Es war eine andere Welt, in die wir Gymnasiasten staunend eingetaucht sind.

Suzy und ich hatten gemeinsam einen unbeschwerten Sommer verbracht und wir dachten, dass die Zeit nur für uns stehen bliebe. Wir glaubten, dass es für uns immer so weiter gehen würde. Dann kam der Tag der offenen Tür am Segelflugplatz Quirnheim. Wir waren zu der Zeit auf einer privaten open air party auf dem Nachbarberg in der Sandburg und haben aus einiger Entfernung beobachtet, wie ein kleines, einmotoriges Flugzeug am Flugfeld abgestürzt ist. Genau genommen haben wir den Absturz nicht gesehen, nur den Knall gehört und danach die riesige schwarze Rauchwolke über der Landebahn gesehen. Uns war beiden sofort klar, dass da ein Unglück geschehen sein muss. Suzys Eltern hatten eine kleine einmotorige Cessna, mit der sie an den Wochenenden gerne eine Runde gedreht haben. Daran haben wir in dem Moment aber überhaupt nicht daran gedacht. Sie hatten ihr Flugzeug auch auf einem ganz anderen Flugplatz stehen und hätten mit ihrer Cessna auch nichts auf dem Segelflugplatz zu suchen gehabt.

An dem Abend hat Suzy erfahren, dass ihre Eltern in dem verunglückten Flugzeug saßen, dessen Absturz wir miterlebt hatten. Ihre Eltern sind bei dem Absturz ums Leben gekommen und in dem Flugzeugwrack verbrannt.

Einige Monate später sollte Weihnachten sein. Eine Woche vor dem Heiligen Abend sagte Suzy, sie ertrage Weihnachten nicht. Sie müsse Weihnachten unter allen Umständen entkommen.

Ich habe begriffen, dass es ihr Ernst war. Es musste etwas geschehen.

An einem Nachmittag bin an die Tankstelle gelaufen, um eine Schachtel Camel und einen Sixpack Silberhälschen zu kaufen. Ich habe überlegt, wie ich Suzy beistehen könnte. Da habe ich auf dem Hof der Tankstelle einen mintgrünen Chevrolet Impala gesehen. Das war damals keine Seltenheit, dass an den Tankstellen in unserer Gegend gebrauchte Autos der Soldaten, sogenannte Ami-Schlitten, zum Verkauf standen. Die amerikanischen Soldaten wurden von der Army überraschend an andere Standorte in aller Welt geschickt. Die Männer sind weitergezogen, ihre Autos haben sie an den Tankstellen zurückgelassen. Nach einigem Verhandeln habe ich den Chevrolet Impala für ein vergleichbar kleines Geld gekauft. Damals gab es ab den 1970ern in Deutschland die Ölkrise und niemand wollte ein Auto, dass über 25 Liter pro 100 Kilometer verbrauchte. Daher war ein spritfressender Chevrolet Impala in Deutschland eigentlich unverkäuflich.
Das Anmelden des Autos war kein Problem gewesen, weil es schon einen deutschen Brief gab. Jetzt hätte ich für den Chevi noch neue Reifen gebraucht, am besten sogar Winterreifen. Die waren in der Eile nicht aufzutreiben gewesen. Mein Freund Albert mit einschlägiger Erfahrung auf vielen Gebieten, auch in der Justizvollzugsanstalt Wittlich, hat für einen Hunderter und 2 Flaschen Wodka einen Satz passender Reifen besorgt und auch gleich an den Chevi angeschraubt. Rückfragen waren seinerseits nicht zugelassen. Ein Freundschaftsdienst eben. So wie ich ihn umgekehrt im Rahmen meiner Möglichkeiten auch geleistet hätte.


Am Nachmittag des 23.12.1978 bin ich zu Suzy gefahren und habe ihr gesagt: „Wir fahren dorthin, wo es keine Weihnachten gibt.“ Nachdem wir einige Sachen gepackt und Bargeld eingesteckt haben, sind wir in Grünstadt auf die A 6 aufgefahren. Mein Ziel war Istanbul. Ich dachte, das ist eine muslimische Stadt und dort es gibt kein Weihnachten. Der Impala hatte einen Kassettenrekorder und einen guten Verstärker und Boxen. Im Handschuhfach fanden wir unzählige Kassetten von Jimmy Hendrix, The Doors, Van Morrison, John Lee Hooker, J J Cale, Eric Clapton, Cream, Ted Nugent, Velvet Underground, Canned Heat, John Mayall und noch sehr viel mehr vor. Die hatte der Vorbesitzer zurückgelassen. Wir hatten uns, wir hatten das Auto, wir hatten die geilste Musik, die sich denken lässt, und wir hatten einen Vorrat von unseren lustigen, selbst gedrehten Zigaretten, die man eigentlich nur am Wochenende geraucht hat.






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Deutsches Museum München 21.12.2019, Frontansicht Cadillac Sedan
(So änhlich sah unser mintgrüner Chevrolet Impala aus)






Wir waren auf der Straße, out on the road.

Wir haben das Autoradio aufgedreht und als erstes „On the road again“ von Canned Heat gehört, die Fensterscheiben heruntergedreht, die kalte Nachtluft und den Wind in unseren Haaren gespürt und den V8 des Impalas blubbern lassen. Suzy sang mit:
“ Well, I'm so tired of crying
But I'm out on the road again
I'm on the road again.”


Wir hatten niemand von unserer Reise erzählt. Suzy war glücklich. Sie lachte, rauchte einen Joint und sang mit Janis Joplin zusammen: „Oh Lord, won't you buy me a Mercedes Benz. My friends all drive porsches, I must make amends.” Suzy versuchte die unvergleichliche rauchige und kehlige Stimme von Janis Joplin zu imitieren. Das erste Mal in unserem Leben waren wir frei.

Unsere Fahrt führte uns nach Salzburg, Pass Lueg, Radstädter Tauern, Katschberg und den Loibl Pass nach Kranj. Dort sollte es auf dem berüchtigten Autoput nach Ljubljana, Zagreb und Belgrad weiter nach Gevgelija an die Grenze zu Nordgriechenland gehen. Von dort weiter nach Alexandroupolis an den Grenzübergang Edirne in die Türkei. Ab da sind es bis Istanbul noch 2 Stunden. Ich kannte die Strecke noch aus Kindheitstagen von den Urlaubsreisen mit meinen Eltern. Eine Karte hatte ich nicht gebraucht.

Ungefähr 20 Kilometer vor Titov Veles in Mazedonien blieb der Chevi mit Motorschaden auf dem Autoput stehen. Ein Kleinlaster schleppte uns in der Nacht bis nach Titov Veles ab und stellte Wagen bei einer Werkstatt hin. Eine Gegenleistung wollte der Fahrer auf keinen Fall annehmen. Die Stadt liegt heute in Nord-Mazedonien und heißt seit der Unabhängigkeit im Jahr 1991 nur noch Veles.

Es war schon später Abend und die Werkstatt war geschlossen. Wir haben im Auto übernachtet. Es war sehr kalt und es war Heiliger Abend. Aber daran dachte keiner von uns. Dazu waren wir viel zu sehr deprimiert. Das Ziel Istanbul war in weite Ferne gerückt.

Am nächsten Morgen, am 25.12, hat sich der Mechaniker den Wagen angeschaut und sehr schnell herausgefunden, dass das Stirnrad kaputt war. Das ist ein Bauteil im Motor. Er müsse das Ersatzteil in Skopje bestellen. Das wäre aber kein Problem, weil der russische Wolga ein identisches Bauteil hätte; ein Stirnrad aus Kunststoff mit 53 Zähnen. Der Wolga hatte auch einen V8er. Und das Stirnrad sei im Lager vorrätig. Das Bauteil sei am nächsten Tag bei ihm. Solange müssten wir noch warten.

Wir saßen einigermaßen ratlos in einem trostlosen Aufenthaltsraum der Werkstatt und wussten nicht so recht, was wir jetzt machen sollten außer pausenlos zu rauchen. Nach einiger Zeit kam der Inhaber der Werkstatt auf uns zu. Er fragte uns, ob wir heute nicht Weihnachten hätten. Sie als orthodoxe Christen hätten das nicht. Für sie wäre das Fest erst am 7. Januar des nächsten Jahres. Aber wir Christen aus Deutschland hätten doch heute Weihnachten. Wir sollen mitkommen in das Haus seiner Familie, um Weihnachten zu feiern. Er und seine Familie würden für uns Weihnachten ausrichten. Wir haben uns nicht getraut zu sagen, dass wir eigentlich auf der Flucht davor nach Istanbul seien.

Das Haus, in das wir eingeladen wurden, war mit Kerzen geschmückt. Die wurden nur für uns angezündet. Dann wurden Speisen und Getränke serviert, was das Haus und der Keller zu bieten hatte. Die übliche Fastenzeit bis zum orthodoxen Weihnachtsfest wurde kurzerhand für diesen Abend unterbrochen. Die Feier ging bis zum nächsten Morgen. Es wurde viel gegessen, getrunken und gesungen und gelegentlich wurde Sreḱen Božiḱ gesagt, was auf Kroatisch so viel heißt wie Sretan Božić, also frohe Weihnachten.

Wir haben bei unserer Flucht vor Weihnachten nach Istanbul dem Weihnachten nicht entkommen können. Ganz im Gegenteil. Wir haben erlebt, wie Weihnachten auch sein kann. Das war unser schönstes Weihnachtsfest, das wir erlebt haben. Es war die erste Nacht seit dem Tod ihrer Eltern, in der Suzy nicht geweint hatte.

Unsere Lebenswege haben sich später getrennt. Jeder ist in eine andere Stadt gezogen, um ein Studium aufzunehmen. Nach Istanbul sind wir damals nicht mehr gekommen.

Es ist Tradition, dass sich die ehemaligen Gymnasiasten am Vormittag des 23.12. vor unserer Schule in unserer Kleinstadt treffen. Die Feier geht bis tief in die Nacht. Ständig kommen und gehen die Besucher. Mittlerweile kommen mehrere hundert oder sogar tausend Ehemalige. Dort treffe ich gelegentlich alle 7 oder 8 Jahre auch Suzy, ohne dass wir uns verabredet hätten. Wir begrüßen uns heute noch als erstes mit dem mazedonischen Sreḱen Božiḱ.
 

burki

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Heiligabend


Liebe Mitglieder unseres Adriaforums

Nach einem Jahr kann man sagen, dass unser Urlaubsforum mit dem Update aus dem letzten Jahr sehr stabil funktioniert.
Unsere Mediengalerie hat das Forum angenommen, mit über 3600 Fotos überwiegend zu Kroatien – ein Erfolg, wenn auch noch einige Wünsche an dieser Software offen bleiben.


Mit einem Zugewinn an Moderatoren / Forum-Guides hat sich das Team verstärkt, vielen Dank für eure aktive Arbeit.
Die Statistik im Forum zeigt, dass wir durchschnittlich bei ca. 80 Beiträge / Tag liegen und 2019 über 560 Neuregistrierungen hatten.


Erneut erbrachte unsere Kalenderaktion für unser Kinderheim durch eure Spenden ein Ergebnis von 398,96 EUR.

Unsere Forentreffen 2019 im Allgäu und laufend in Istrien waren für viele Mitglieder ein echter Höhepunkt.
Vielen Dank deshalb an Jürgen und an Traudl.


Vielen Dank an Angelika mit ihrem Blog, der mit vielen aktuellen Informationen für gute Urlaubsstimmung sorgt.
Bei Angelika in Kastela ist immer gute Atmosphäre bei den Treffen mit ihren und vielen Forumsgästen.
Möge sich dein Haus vor allen mit Gästen aus unserem Forum füllen und so zu interessanten Freundschaften führen.


Bleiben wir sorgsam im Umgang miteinander und leben unsere Forumskultur durch Achtung und Respekt im Umgang miteinander.

Frohe Festtage im Kreise eurer Familie oder Bekannten wünsche ich euch Allen.

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