In Istrien befindet sich nahe der Ostküste nur wenige Kilometer entfernt von Labin der ehemalige Bergbauort Rasa. Nahezu alle anderen Ortschaften dieser Halbinsel sind mindestens mehrere Hundert Jahre alt, nicht so Rasa. Vom Ende des Ersten Weltkriegs bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs gehörte ganz Istrien zu Italien. Da es in Italien so gut wie keine Kohlevorkommen gibt, war das Land lange Zeit auf Lieferungen dieses wichtigen Bodenschatzes aus Deutschland angewiesen. Kohle benötigte man in der ersten Hälfte des Zwanzigsten Jahrhunderts so wie auch heute noch zur Verhüttung von Eisenerz, aber auch als Brennstoff für die Eisenbahn und Schiffe sowohl der Handels- als auch Kriegsmarine.
Italien war zu dieser Zeit eine Diktatur unter Benito Mussolini. Als der Duce, auch der ließ sich als „Führer“ titulieren, von den Kohlevorkommen in Istrien hörte, ordnete er kurzer Hand an, die Vorkommen in kürzester Zeit zu erschließen und unter Einsatz aller Mittel auszubeuten. Innerhalb von nicht einmal zwei Jahren war der Bergbauort Rasa im Jahr 1936 aus dem Boden gestampft worden. Dazu wurde gleich noch eine Bahnlinie ans wenige Kilometer entfernte Meer und der dazugehörige Hafen gebaut um den wertvollen Rohstoff ins Mutterland zu verschiffen. Der Hafen Trget existiert heute noch. Hier ein Bericht dazu.
http://www.adriaforum.com/kroatien/threads/trget-freihafen-im-rasa-kanal-an-istriens-ostküste.72091/#post-708769
Doch schauen wir uns zuerst einmal etwas in Rasa selbst um. Ein zentraler Marktplatz beherbergt die Bank, einen Laden, das Postamt, die Gemeindeverwaltung und eine Kirche. Auch ein Altersheim gibt es mittlerweile dort. Heute hat Rasa mit allen Ortsteilen etwa 3000 Einwohner. Die Gebäude in Rasa stehen heute meiner Einschätzung nach zur Hälfte leer.
Schön ist diese Bauweise nicht unbedingt. Schnell mußte es beim Aufbau der Bergwerksstadt gehen.
Das ungewöhnliche Dach dieser Kirche soll eine umgestürzte Lore symbolisieren.
Auch an eine Halle für Veranstaltungen wurde gedacht. Schließlich war die Arbeit für die Kumpels in den Stollen Schwerstarbeit. Unfälle waren an der Tagesordnung. Da braucht es auch neben Brot die sprichwörtlichen Spiele fürs Volk.
Lauter einheitliche Häuser, teils als Mehrfamilienhäuser, teils als Doppelhäuser mit ausreichend großen Gärten, die damals natürlich der Eigenversorgung der Arbeiter dienten, beherrschen auch heute noch das Ortsbild.
Ein Diktator löst den anderen ab. Der Duce war Vergangenheit, da wurde der nächste Potentat geehrt. Bis heute hat niemand die Straße umbenannt.
Ich habe mir vor einiger Zeit einmal ein altes Industriegebäude in diesem Ort angesehen, welches durch einen hohen Schornstein schon von weitem erkennbar ist. Mir ist nicht bekannt, wieviel Dreck damals in dem engen Tal von Rasa aus diesem Kamin emittiert wurde. Da dürfte nicht nur die frisch gewaschene Wäsche in Mitleidenschaft gezogen worden sein.
Gleich daneben befindet sich dieses leerstehende Bürogebäude. Was genau hier und in den angebauten Werkstätten früher einmal gemacht wurde, kann ich nur erahnen.
Die Büroräume sind nahezu leer oder geplündert.
Auch der Zweck dieser „Urkunde“ erschließt sich mir nicht so recht, weil doch der Kohleabbau in Rasa bereits 1966 aus wirtschaftlichen Gründen eingestellt wurde. Die Flöze weisen eine Dicke von weniger als 60 cm auf. Da lohnt der Abbau hier nicht mehr. In anderen Orten rund um Labin ging es noch ein paar Jahre weiter, bis auch hier Mitte oder Ende der 70er Jahre Schluß war. Vermutlich waren die hier angesiedelten Werkstätten trotz Ende des Abbaus noch ein paar Jahre in Betrieb.
Zwischen diesem Verwaltungsgebäude und dem Kamin ist ein flacher Anbau mit einem Trichter vorhanden. Ich nehme an, daß hier Kohle verheizt wurde, um warmes Wasser zu erzeugen. Dieses war nicht nur zum Waschen für die Kumpel sondern auch für andere Reinigungszwecke erforderlich. Da eine Fernwasserleitung entlang des Rasa-Flusses bis Rasa verläuft, ist denkbar, daß auch eine Heißwasserleitung die anderen Kohlegruben an dieses Heizkraftwerk anschloß.
Hinter dem Bürogebäude befinden sich ehemalige Werkstätten, wo wohl technisches Gerät repariert und gewartet wurde.
Ein Zugang zum Stollen dahinter ist leider nicht mal für mich möglich.
Noch ein paar Zahlen zum Ende dieses Berichts. Das Gebiet Rasa förderte im Jahr 1942 ganze 1.148.000 Tonnen Kohle, die ausschließlich nach Italien gingen. Der Krieg war schließlich auf seinem Höhepunkt und verlangte eine Menge Kohle. Im Jahr 1951 war man wieder auf Vorkriegsniveau bei 680.000 Tonnen angelangt. Fachkräfte und Maschinen fehlten an allen Ecken und Enden. Die Auseinandersetzung mit dem Dritten Reich war zumindest aus wirtschaftlicher Sicht nach sechs Jahren schon vergessen, denn Westdeutschland lieferte schon wieder Koks zur Verhüttung von Eisen.
Bekanntlich hat Jugoslawiens Diktator Tito gleich nach 1945 mit seinem Ziehvater Stalin gebrochen und so kam aus den sowjetischen Satellitenstaaten CSSR und Polen keine Kokskohle ins Land. Wie schon bei der Instandsetzung der Eisenbahn erinnerte man sich offenbar an Leistung und Qualität „Made in Germany“.
http://www.adriaforum.com/kroatien/threads/der-bahnhof-von-pula.77281/#post-775332
Für mich war es nicht einfach, diese hier aufgeführten Fakten zusammenzutragen. Sollte jemand von euch weitergehende Infos zu diesem Thema haben, postet diese einfach.
Jürgen
Italien war zu dieser Zeit eine Diktatur unter Benito Mussolini. Als der Duce, auch der ließ sich als „Führer“ titulieren, von den Kohlevorkommen in Istrien hörte, ordnete er kurzer Hand an, die Vorkommen in kürzester Zeit zu erschließen und unter Einsatz aller Mittel auszubeuten. Innerhalb von nicht einmal zwei Jahren war der Bergbauort Rasa im Jahr 1936 aus dem Boden gestampft worden. Dazu wurde gleich noch eine Bahnlinie ans wenige Kilometer entfernte Meer und der dazugehörige Hafen gebaut um den wertvollen Rohstoff ins Mutterland zu verschiffen. Der Hafen Trget existiert heute noch. Hier ein Bericht dazu.
http://www.adriaforum.com/kroatien/threads/trget-freihafen-im-rasa-kanal-an-istriens-ostküste.72091/#post-708769
Doch schauen wir uns zuerst einmal etwas in Rasa selbst um. Ein zentraler Marktplatz beherbergt die Bank, einen Laden, das Postamt, die Gemeindeverwaltung und eine Kirche. Auch ein Altersheim gibt es mittlerweile dort. Heute hat Rasa mit allen Ortsteilen etwa 3000 Einwohner. Die Gebäude in Rasa stehen heute meiner Einschätzung nach zur Hälfte leer.
Schön ist diese Bauweise nicht unbedingt. Schnell mußte es beim Aufbau der Bergwerksstadt gehen.
Das ungewöhnliche Dach dieser Kirche soll eine umgestürzte Lore symbolisieren.
Auch an eine Halle für Veranstaltungen wurde gedacht. Schließlich war die Arbeit für die Kumpels in den Stollen Schwerstarbeit. Unfälle waren an der Tagesordnung. Da braucht es auch neben Brot die sprichwörtlichen Spiele fürs Volk.
Lauter einheitliche Häuser, teils als Mehrfamilienhäuser, teils als Doppelhäuser mit ausreichend großen Gärten, die damals natürlich der Eigenversorgung der Arbeiter dienten, beherrschen auch heute noch das Ortsbild.
Ein Diktator löst den anderen ab. Der Duce war Vergangenheit, da wurde der nächste Potentat geehrt. Bis heute hat niemand die Straße umbenannt.
Ich habe mir vor einiger Zeit einmal ein altes Industriegebäude in diesem Ort angesehen, welches durch einen hohen Schornstein schon von weitem erkennbar ist. Mir ist nicht bekannt, wieviel Dreck damals in dem engen Tal von Rasa aus diesem Kamin emittiert wurde. Da dürfte nicht nur die frisch gewaschene Wäsche in Mitleidenschaft gezogen worden sein.
Gleich daneben befindet sich dieses leerstehende Bürogebäude. Was genau hier und in den angebauten Werkstätten früher einmal gemacht wurde, kann ich nur erahnen.
Die Büroräume sind nahezu leer oder geplündert.
Auch der Zweck dieser „Urkunde“ erschließt sich mir nicht so recht, weil doch der Kohleabbau in Rasa bereits 1966 aus wirtschaftlichen Gründen eingestellt wurde. Die Flöze weisen eine Dicke von weniger als 60 cm auf. Da lohnt der Abbau hier nicht mehr. In anderen Orten rund um Labin ging es noch ein paar Jahre weiter, bis auch hier Mitte oder Ende der 70er Jahre Schluß war. Vermutlich waren die hier angesiedelten Werkstätten trotz Ende des Abbaus noch ein paar Jahre in Betrieb.
Zwischen diesem Verwaltungsgebäude und dem Kamin ist ein flacher Anbau mit einem Trichter vorhanden. Ich nehme an, daß hier Kohle verheizt wurde, um warmes Wasser zu erzeugen. Dieses war nicht nur zum Waschen für die Kumpel sondern auch für andere Reinigungszwecke erforderlich. Da eine Fernwasserleitung entlang des Rasa-Flusses bis Rasa verläuft, ist denkbar, daß auch eine Heißwasserleitung die anderen Kohlegruben an dieses Heizkraftwerk anschloß.
Hinter dem Bürogebäude befinden sich ehemalige Werkstätten, wo wohl technisches Gerät repariert und gewartet wurde.
Ein Zugang zum Stollen dahinter ist leider nicht mal für mich möglich.
Noch ein paar Zahlen zum Ende dieses Berichts. Das Gebiet Rasa förderte im Jahr 1942 ganze 1.148.000 Tonnen Kohle, die ausschließlich nach Italien gingen. Der Krieg war schließlich auf seinem Höhepunkt und verlangte eine Menge Kohle. Im Jahr 1951 war man wieder auf Vorkriegsniveau bei 680.000 Tonnen angelangt. Fachkräfte und Maschinen fehlten an allen Ecken und Enden. Die Auseinandersetzung mit dem Dritten Reich war zumindest aus wirtschaftlicher Sicht nach sechs Jahren schon vergessen, denn Westdeutschland lieferte schon wieder Koks zur Verhüttung von Eisen.
Bekanntlich hat Jugoslawiens Diktator Tito gleich nach 1945 mit seinem Ziehvater Stalin gebrochen und so kam aus den sowjetischen Satellitenstaaten CSSR und Polen keine Kokskohle ins Land. Wie schon bei der Instandsetzung der Eisenbahn erinnerte man sich offenbar an Leistung und Qualität „Made in Germany“.
http://www.adriaforum.com/kroatien/threads/der-bahnhof-von-pula.77281/#post-775332
Für mich war es nicht einfach, diese hier aufgeführten Fakten zusammenzutragen. Sollte jemand von euch weitergehende Infos zu diesem Thema haben, postet diese einfach.
Jürgen