das ehemalige Gaswerk in Pula Veruda

claus-juergen

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Irgendwann Ende des 19. jahrhunderts hat die austro-ungarische Verwaltung beschlossen, auch die stetig wachsende Stadt Pula mit Stadtgas zu versorgen.

https://de.wikipedia.org/wiki/Stadtgas

Die Kohle dafür stammte aus den Bergwerken bei Labin, wurde mit Schiffen in die Veruda verfrachtet und etwa dort, wo sich heute die Tankstelle befindet mittels einer Teleferika, also einer Materialseilbahn etwa einen Kilometer weiter bis zum Gaswerk verfrachtet. Dort wurde die Kohle erhitzt, das austretende Gas wurde dann in den beiden Behältern aufgefangen und gelangte über Gasleitungen in die Stadt wo es vor allem für die Straßenbeleuchtung und die Beleuchtung öffentlicher Gebäude verwandt wurde. Die Gasbehälter haben Deckel aus Metall und Beton, die viele Tonnen wiegen. So wurde der Gasdruck aufgebaut. Wie lange noch Gas aus Kohle hier gewonnen wurde, ist mir nicht bekannt. Heute hat Pula zwar immer noch ein Gasnetz. Das Gas stammt jedoch aus Offshore-Gasfeldern in der Adria.

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Schon von weitem sind die beiden alten Gasbehälter zu erkennen.

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Die Gasbehälter verfügten über jeweils eine Füllstandsanzeige.

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Die Führungsschienen für den viele Tonnen schweren Deckel mußten immer gut geschmiert sein, so daß sich dieser Deckel gleichmäßig nach oben oder unten verschieben ließ. Durch das Gewicht des Deckels wurde der Gasdruck erzeugt.

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In diesem relativ gut erhaltenen Haus dürfte zu Zeiten der Donaumonarchie die Direktion der Anlage residiert haben. Heute dient es als Wohnhaus.

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Manches Gebäude auf dem Gelände ist ziemlich eingewachsen. Das Areal dient als Lager für Kisten aller Art, aber auch als Wohnung.


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Überhaupt ist es meist schwierig den Zweck mancher Gebäude zu erahnen.

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Hier wurde wohl gekocht um die Arbeiter im Gaswerk zu verpflegen.

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Das war mal ein Absperrventil für Gas oder Wasser.

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Ob auf den Schienen Waggons mit Kohle ins Kesselhaus gefahren wurden?

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Die Kohle wurde mit einer Teleferika transportiert. Hier noch ein Bild des gesamten Sockels des ehemaligen Trägers. Den Stahl hat sich wohl jemand unter den Nagel gerissen und verschachert. Kein einziger der Träger der ehemaligen Teleferika steht heute noch.

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Am ehemaligen Kesselhaus findet man verrostetes Metall, dessen Zweck sich mir nicht erschließt.

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Manche Gebäude auf dem Gelände kommen mir vor wie ein eingewachsenes Dornröschenschloß.

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Ein hier wohnender Rentner bastelt aus kleinen Kalksteinchen Modelle von Kazuns, wie sie die Hirten über Jahrhunderte hinweg gebaut haben. Diese können vor Ort käuflich erworben werden. Hier näheres dazu.

https://www.adriaforum.com/kroatien/threads/modelle-von-kazun-aus-pula.84472/

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Um den Druck im Gasnetz stabil zu halten, genügt heutzutage so eine Verdichterstation.

Seit Jahren wunderte ich mich über diese alten Gasbehälter. Von der Straße aus fand in nie einen Zugang. Hingegen geht es neben dem Eingang zur Veruda auf einem Schotterweg ins Gelände rein. Da wohnen auch noch Menschen, die man fragen kann. Meine "hervorragenden Kenntnisse der kroatischen Sprache" ;) haben mir etwas weitergeholfen. Ich sollte da jedenfalls in Begleitung eines Sprachkundigen noch mal hin und einen der alten Herren befragen. Vielleicht bekomme ich dann mehr über das ehemalige Gaswerk heraus.

Ich denke mir, daß schon eine gewaltige Menge Gas nötig war, um das stetig wachsende Pula zu versorgen. Dazu kommt die Nähe der Kohleminen von Labin bzw. Rasa. Von Rasa aus gab es eine Schmalspurbahn bis zum heutigen Hafen Trget-Brsica, von wo aus die Kohle auf Schiffe verladen wurde. Das meiste diente wohlt für die Schwerindustrie, die Eisenbahn und zum Antrieb von Schiffen. Ob diese Kohle auch zur Vergasung in anderen Städten der Donaumonarchie verwendet wurden, weis ich nicht. Ergiebige Kohlegruben gab und gibt es heute noch in der Tschechei, die damals zu Österreich-Ungarn gehörte.

jürgen
 

Daniel_567

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Hallo Jürgen.

Vielen Dank für den interessanten und gut bebilderten Bericht.

Am ehemaligen Kesselhaus findet man verrostetes Metall, dessen Zweck sich mir nicht erschließt.
Es könnte das Ausdehnungsgefäss einer Schwerkraft-Heizanlage sein. Das Rohr, welches sich rechts oben an dem Gefäss befindet, wäre dann der Überlauf, also wenn dort am anderen Ende Wasser austritt, weiss man, dass die Anlage komplett gefüllt ist.

Viele Grüsse, Daniel.
 

claus-juergen

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hallo Daniel,

aus dir spricht der Techniker. Gerade hier beim Bericht über diese alte technische Einrichtung stellen sich mir heute viel mehr Fragen als vor der Besichtigung des Areals. Vielleicht gelingt es mir eines Tages, weitere Infos zusammenzuklauben. Vielleicht besinnt sich Pula ja auch auf dieses technische Erbe und versucht zu erhalten was noch erhalten werden kann.

Augsburg hat zwar mehr Geld als Pula, hat es jedoch geschafft, diese Technik zu bewahren und auch zu nutzen. Das dortige Kesselhaus dient in den nächsten Jahren als Theater während das Stadttheater saniert wird.

https://www.schoener-reisen.at/thread/3394-das-gaswerk-in-augsburg-oberhausen/

grüsse

jürgen
 

GaswerkAugsburg

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Hallo miteinander
Sehr schöne Fotos und Infos, vielen Dank dafür.
Ich war 2012 schon mal vor Ort, da war der größere Gasbehälter noch hochgefahren und vermutlich noch in Betrieb.
Vom kleineren war damals schon das Dach etwas eingefallen.
Bauzeit der Gasbehälter könnte so zwischen 1900 und 1920 sein.

Schöne Grüße aus Augsburg
 

claus-juergen

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Hallo miteinander
Sehr schöne Fotos und Infos, vielen Dank dafür.
...
Bauzeit der Gasbehälter könnte so zwischen 1900 und 1920 sein.

Schöne Grüße aus Augsburg
hallo Oliver aus meiner Nachbarschaft ;),

es ist immer schwierig für uns Ausländer und Sprachunkundige Details zu historischen Bauten zu erhalten wenn die wie hier rein technischer Art sind und noch dazu dem Verfall preisgebeben. Alles rund um die militärischen Bauten der Donaumonarchie oder aus der Zeit der Venezianer und Römer im Raum Pula ist oftmals gut dokumentiert weil diese Dinge halt viele Touristen interessieren. Bei so einer Einrichtung wie dem alten Gaswerk ist das leider nicht der Fall.

Dieses Forum ist groß und hat auch Mitglieder die des Kroatischen mächtig sind. Vielleicht findet ja jemand eine entsprechende Website, die sich übersetzen und hier verlinken läßt.

grüsse

jürgen
 

Deutscher

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Zitat claus jürgen

Ergiebige Kohlegruben gab und gibt es heute noch in der Tschechei, die damals zu Österreich-Ungarn gehörte.

schöner bericht jürgen...

da kommen erinnerungen an längst vergangene tage zurück als ich selbst von 1987 bis 1991 kohle aus den tagebau schleenhain und groitzcher dreieck per E-Lok in die kohlekraftwerke und Brikettfabriken gefahren habe heut zu tage wird die kohle "rohkohle" da per bandanlage transportiert.
 

perenospera

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Hier noch ein Bericht aus dem Archiv über die Geschichte der Gasproduktion in Istrien.
Der bringt zwar nicht viel Neues, zeigt aber ein historisches Foto der gesamten Anlage in Veruda



Hier die (kreative) Übersetzung:


Und hier noch ein Bericht über die Sorgen der heutigen Anwohner:


Übersetzung:



Gruß Jochen
 
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