Ausgefallene 40 Jahre alte Bora-Beschreibung
Die Bora stürmt aus Nordosten oder Osten her. Mit kalten und heftigen Stößen stürzt sie von den baumlosen kroatischen oder illyrischen Bergen herunter.
Wenn die Bora braust, werden Straßen und Plätze menschenleer. Sie drückt zu Boden, stülpt Regenschirme um, deckt Ziegeldächer ab, reißt morsche Fensterläden aus dem Rahmen, und die Spucke ihres Zorns fliegt als weißer, gepeitschter Schaum über die Hafenmauern, wo die Bora Schiffe von den Tauen reißt, die Segelstangen bricht und den Booten die Holzrippen zerquetscht.
Ich sah die Bora mit langen Schneefahnen im Haar. Die kalten Finger waren mit funkelnden Eiskrallen besetzt und warfen prasselnde Hagelkörner an die Hauswände. Die Bora ist ein gewalttätiger und roher Wind, aber sie reinigt. Sie fegt den Unrat einer langen und stickigen Sommerzeit aus den verwinkelten Gassen dalmatinischer Hafenstädte.
Die Bora ist finster, ein trampelnder, zorniger, ungezähmter Stier. Sie ist ein brüllender, maßlos schreiender Bergtitan. Mit Trommeln und Posaunen steigt die Bora aus den Klüften und von den grauen Berghöhen, ein kriegerischer Wind, bereit zu Feuersbrünsten und Zerstörung, zu Überschwemmungen und Verwüstung. Ihr apokalyptischer, zerstampfender Ritt hinterläßt Scherben und Fetzen, Splitter und Trümmer.
Dieser Ostwind hat flatternde Haare auf der Brust, ungeschlachte Arme und Fäuste, die den gemütlichen Wein- und Warenschiffen die Ladungen aus den Leibern reißen, über Bord spülen und sie schließlich irgendwo hin an eine steinige und zerrissene Inselküste rollen.
Die Bora verschwindet so rasch und jäh, wie sie gekommen ist, Tränen, Leid, Flüche, Verwünschungen hinter sich lassend.
Die norddalmatische Insel Pag oder Pago wird besonders böse von den Bissen der Bora angefallen. Über und über ist sie vernarbt, und ihre Hochflächen sind von jeglichem Baumwuchs entblößt, da die Bora vom gegenüberliegenden Velebit-Gebirge besonders wild herunterstürmt und über den schmalen und langen Meerarm, den Velebitski-Kanal, nach dem schutzlosen Inselgestade greift, Baum und Gesträuch zermalmend. Sie reitet auf großen Fahnen salzigen Wassergischtes über die Insel. Weite Strecken der Insel sehen dann aus, als seien sie von einem tödlichen, weißen Reif bedeckt. Doch es sind die zurückgebliebenen Salzkristalle, die weithin in der Sonne glitzern, wenn sie durch das Gewölk bricht.
Lieber Peter, das meintest du, ja genauso ist es, erlebt habe ich es ja bereits, aber wenn es soweit ist, bleibt mir keine Vorbereitungszeit mehr
Dann ist es schon zu spät ..