Behandlung im Ausland - Wer zahlt die Kosten?

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WDR 2 Quintessenz - Behandlung im Ausland: Was zahlt die Kasse?
Von Stephanie Kowalewski

Zum Zahnarzt nach Polen oder zur Kur nach Tschechien – kein Problem, denn seit 2004 hat jeder gesetzlich Krankenversicherte das Recht, sich in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union sowie in der Schweiz, den EWR-Staaten Island, Lichtenstein und Norwegen ambulant behandeln zu lassen.

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Zahnärztin in Polen

Im Ausland oft günstiger

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Der Arztbesuch jenseits der deutschen Grenze ist besonders bei solchen Behandlungen interessant, bei denen der finanzielle Eigenanteil des Patienten hoch ist - also bei so genannten Bäderkuren und bei Zahnersatz. So kann Zahnersatz wegen der niedrigeren Löhne und Laborkosten beispielsweise in Polen oder Ungarn bis zu 50 Prozent billiger sein als in Deutschland. Auch so genannte Bäder- oder Vorsorgekuren in osteuropäischen Heilbädern können wegen der oft günstigen Hotelkosten interessant sein. Allerdings sollten bei der Behandlung jenseits der Grenze ein paar Regeln beachtet werden.

Sprechen Sie vorher mit ihrer Krankenkasse!

Eigentlich sind ambulante Behandlungen im europäischen Ausland inzwischen ohne eine vorherige Genehmigung der deutschen Krankenkasse möglich. Doch Verbraucherschützer und Kassenvertreter sind sich einig, dass es ratsam ist, in jedem Fall den Arztbesuch im Ausland mit der heimischen Krankenkasse zu besprechen. Denn genehmigt die Krankenkasse die Behandlung, bestätigt sie damit auch die Kostenerstattung. Sie stellt einen entsprechenden Vordruck aus (E112 oder S2) mit dem der Patient im Behandlungsland angibt, dass er wie ein dort gesetzlich Versicherter behandelt werden möchte und dass die Krankenkasse die Kosten dafür übernimmt.

Modell mit Vorkasse

Oder der gesetzlich Versicherte lässt sich nachder EU-Richtline zur Patientenmobilität behandlen. Das heißt, er wird wie ein privat Versicherter behandelt. Er zahlt zunächst alles selbst und reicht anschließend alle Rechungen und Quittungen bei seiner Krankenkasse ein und bittet um Erstattung. Um böse Überraschungen zu vermeiden gilt auch hier: vorher mit der heimischen Versicherung besprechen, was sie übernimmt und was nicht.

Wichtiges zur Rechnung

Um nicht auf etwaigen Kosten sitzen zu bleiben, sollte die Rechung möglichst detailliert und bestenfalls in deutscher Sprache sein. Ansonsten kann es passieren, dass der Patient sie auf eigene Kosten übersetzten lassen muss. In jedem Fall bedeutet die Abrechung der Auslandsbehandlung für die Kassen einen Mehraufwand, den sie sich bezahlen lassen. Je nach Versicherung werden zwischen 7,5 und zehn Prozent, höchstens jedoch 40 Euro, von der eingereichten Rechung abgezogen. Generell gilt, es wird nur das erstattet, was die Krankenkasse auch in Deutschland bezahlen würde. Schönheitsoperationen sind zum Beispiel nie eine Kassenleistung, ganz gleich ob der Arzt in Düsseldorf oder auf Mallorca Hand anlegt. Außerdem werden nur Behandlungen bezahlt, die von einem im jeweiligen Ausland zugelassenen Leistungsanbieter (Arzt oder Klinik) erbracht werden. Wer sich also in einer ausländischen Privatklinik behandeln lässt, wird auf den Kosten sitzen bleiben.

Bei Zahnersatz ist Genehmigung Pflicht

Während es bei den meisten ambulanten Behandlungen - wie etwa der Therapie einer Hautkrankheit oder die Untersuchung der Augen - eher eine Vorsichtsmaßnahme ist, ist das vorherige OK der Kasse bei einer Zahnersatzbehandlung im Ausland Pflicht. Bevor man sich also die Zähne im Ausland richten lässt, muss der Krankenkasse ein entsprechender Heil- und Kostenplan von einem deutschen oder ausländischen Zahnarzt vorgelegt werden. Darin sind die einzelnen Behandlungsschritte sowie die voraussichtlichen Kosten für die Krankenkasse und der Eigenanteil für den Patienten aufgelistet. Meist ist es so, dass Patienten einen Heil- und Kostenplan vom deutschen Zahnarzt haben und sich wegen den hohen Kosten entschließen, ins Ausland zu gehen. Um eine mögliche Ersparnis besser berechnen zu können, raten Verbraucherschützer dazu, sich in jedem Fall ein Vergleichsangebot von einem ausländischen Zahnarzt anfertigen zu lassen. Genehmigt die Krankenkasse die Behandlung im Ausland, übernimmt sie maximal die Kosten, die für die gleiche Behandlung in Deutschland fällig geworden wären.

Zur Kur ins Ausland

Auch bei so genannten Bäderkuren muss zuvor die Genehmigung der Kasse eingeholt werden. Die Einrichtung muss außerdem im Ausland zugelassen sein, wenn die Krankenkasse sich an den Kosten beteiligen soll. Genehmigt die Versicherung die Bäderkur, erstattet sie die gleichen Kosten wie sie auch bei einer Kur im Innland anfallen würden: gezahlt wird ein Tagessatz in Höhe von 13 Euro als Zuschuss und die Kosten für medizinische Leistungen. Die Krankenkasse zahlt also weder die Unterbringungs- und Verpflegungskosten noch die Anreise – übrigens auch nicht, wenn die Kur in Deutschland erfolgt.

Stationäre Behandlungen im Ausland

Auch geplante stationäre Krankenhausaufenthalte im Ausland sind möglich. Das geht allerdings nur, wenn für den notwendigen Eingriff in Deutschland extrem lange Wartezeiten bestehen oder wenn die Behandlung nur im Ausland möglich ist. Doch das sind absolute Ausnahmen, sagen Experten, denn in den allermeisten Fällen ist das deutsche Gesundheitssystem bei stationären Klinkaufenthalten immer noch die erste Wahl.

Rechtzeitig planen

In jedem Fall sollten genehmigungspflichtige Auslandsbehandlungen rechtzeitig mit der heimischen Krankenkasse besprochen werden, weil bei speziellen Behandlungen möglicherweise der Medizinische Dienst der Krankenkassen eingeschaltet werden muss. Ratsam sind hier einige Wochen Vorlauf einzuplanen.

Stand: 09.10.2014, 00.00 Uhr
 
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