Das Wasserreservoir Bakranjusa bei Jadreski in Istrien

claus-juergen

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Südlich vom Flughafen Pula gibt es knapp fünf Quadratkilometer bestes Ackerland. Die Fläche ist überwiegend im Besitz des kroatischen Staates und wird von der Strafanstalt Valtura, die liegt gleich neben dem Flughafen bewirtschaftet. Auf der verlinkten Luftaufnahme ist oben im Bild recht gut die Landebahn des Airports zu erkennen. Links unterhalb bei der Straßenbezeichnung 5119 sind die Gebäude zu sehen, die zu dieser Strafanstalt gehören. Hier sind Gefangene untergebracht, die nur kurzfristige Freiheitsstrafen abzusitzen haben und bzw. oder die Erststäter sind. Die Häftlinge verrichten Arbeiten im sogenannten offenen Vollzug. Das bedeutet, daß um die Unterkunftsgebäude weder Mauern noch Stacheldraht gezogen ist.

Dort sind jedoch nicht nur die Unterkünfte, sondern auch Stallungen für Rinder, Lagerhallen und andere Wirtschaftsgebäude vorhanden. Schon in der Vergangenheit wurden die Ackerflächen, die zum Anbau von Getreide, aber auch von verschiedenen Sorten von Gemüse dienen, bewässert. Die zwei hellgrünen Flecken links von der Landebahn sind künstlich angelegte Wasserbassins aus welchen im Bedarfsfall Wasser entnommen werden kann.

Vor wenigen Jahren hat man nun mit einem enormen Aufwand ein neues wesentlich größeres künstliches Reservoir namens Bakranjusa geschaffen. Somit kann wesentlich mehr Gemüse bewässert werden. Auch können Sorten kultiviert werden, die viel Wasser benötigen.

Das Satellitenbild zeigt Bakranjusa im Bau. Es handelt sich um die weiße Fläche unten in der Mitte.

https://www.google.de/maps/place/Jadreški,+Kroatien/@44.8847239,13.9102269,3758m/data=!3m1!1e3!4m5!3m4!1s0x47632d0430e022c1:0x662c2cdd00ce4450!8m2!3d44.8681793!4d13.9171706

Hier nun Bilder der Anlage vom Frühsommer 2020.

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Obwohl das Gelände hier relativ flach ist, wurde vor allem im südlichen und westlichen Bereich ein Damm aufgeschüttet.

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Das Becken war im Juni nur teilweise gefüllt. Dies wohl deshalb, weil der Winter und das Frühjahr ziemlich trocken waren und das Wasser wohl größtenteils bereits auf den Feldern verteilt wurde.

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So wie auf dem Damm ein befestigter Weg verläuft, gibt es außerhalb des Zaunes außen rum einen Feldweg auf welchem man sich frei bewegen kann.

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Welche Art von Nahrung die vielen Möven hier finden weis ich auch nicht. Vermuten könnte man Fische, die beim Zurückweichen des Wassers am Ufer liegen bleiben oder Schnecken oder Muscheln oder andere im Wasser lebende Tiere.

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Das gesamte Becken ist übrigens mit einer Folie ausgekleidet, so daß das hier hinein gepumpte Wasser nicht versickert.

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Grundwasser ist schon in geringer Tiefe anscheinend ausreichend vorhanden und wird mittels Pumpwerken wie diesem gefördert und ins Becken geleitet. Von dort wird es je nach Bedarf zur Bewässerung verwendet.

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Das benötigt natürlich eine Menge Strom. Aber der ist ja billig in Kroatien.

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Hier sehen wir ein Getreidefeld welches sich direkt neben dem Speicher Bakranjusa befindet.

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In regelmäßigen Abständen um den künstlichen See befinden sich solche betonierten Säulen.

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Deren Zweck ist nicht auf Anhieb zu erkennen. Ich nehme an, daß die beim Bau des Beckens als Meßpunkte von Bedeutung waren. Dies deshalb, weil wohl das Niveau des Damms exakt ausgemessen werden mußte. Mit den Baumaschinen alleine ist das wohl nicht so zu bewerkstelligen, daß der Speicher nicht an einer Seite überläuft.

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Die Artgenossen dieses vertrockneten Frosches haben wohl dieses Feuchtbiotop auch schnell als neuen Lebensraum entdeckt.

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Wer sich selbst ein Bild von der Anlage machen möchte, der folgt am besten östlich von Jadreski aus diesem Wegweiser durch den Wald.

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Bei dieser Gedenktafel für ermordete im letzten Weltkrieg gehts nach links. Mit dem Pkw ist der Weg nur bis hierher befahrbar.

Die Zeitung Glas Istre hat vor fünf Jahren einmal einen Artikel zur dieser Anlage geschrieben.

https://glasistrenovine.hr/arhiva-p...cija-bakranjusa-natapat-ce-440-hektara-505528

Hier die Übersetzung des Artikels von Glas Istre.

Der Bakranjuš-Stausee wird 440 Hektar bewässern
24. Juli 2015, 16:07 Uhr


Das Bewässerungssystem von 440 Hektar Ackerland in Valtura mit einem 632.000 Kubikmeter großen Bakranjuš-Stausee wurde am Freitag von Landwirtschaftsminister Tihomir Jakovina, Parlamentspräsident Nenad Stazic, dem Istrischen Präfekten Valter Flego und dem stellvertretenden Justizminister Ivica Simac eröffnet. Das Bewässerungsprojekt im Gefängnis, dessen Bau im Winter 2012 begonnen hat, hat einen Wert von 60,23 Millionen Kuna, von denen das Landwirtschaftsministerium 50,73 Millionen Kuna investierte, der Landkreis Istrien vier Millionen Kuna und das Justizministerium Material im Wert von 5,5 Millionen Kuna.

Der Bau des neuen Systems ermöglicht die Erhöhung des Futters für die Rinderfarm des Gefängnisses, aber auch für Plantagen von Industriegemüse wie Tomaten, mit denen das Gefängnis eine intensive Produktion aufnimmt.

- Das Gefängnis verfügt über 380 Hektar Ackerland, und mit dem derzeitigen System könnten wir nur 40 Hektar bewässern. Neben der Produktion von Nahrungsmitteln für die Rinderfarm mit 150 Milchkühen als wichtigste landwirtschaftliche Produktion diente der Gemüseanbau nur der saisonalen Ernährung von Gefangenen, sagte der Leiter des Gefängnisses, Josip Trošt. In Valtura gibt es etwa 190 Sträflinge, die hauptsächlich wegen Verkehrsunfällen verurteilt wurden, und alle sind angestellt. Das Unternehmen vermarktet seine Produkte wie eine Million Liter Milch jährlich und ab diesem Jahr auch Gemüse.

Der Bakranjuša-Stausee, der sich auf einem Feld unweit der Siedlung Jadreški befindet, wurde von Osijeks Werkos und Zagrebs Viadukt erbaut und wird aus drei Brunnen rund um das Gefängnis und aus dem Jadreški-Brunnen mit Wasser gefüllt. Dies ist das erste Bewässerungssystem in Istrien, und es sollten 18 sein. Laut dem Bewässerungsplan des Landkreises von 1998 war das erste seiner Art in Kroatien bei der Zeremonie zu hören, an der eine große Anzahl von Würdenträgern und Führern des politischen und wirtschaftlichen Lebens teilnahmen.

- Wir haben ein großes Projekt durchgeführt, und das Ergebnis wird sein, dass sich die landwirtschaftliche Produktion wirklich verändert. Jetzt kann sich das Gefängnis industriellem Gemüse zuwenden, rentableren Pflanzen, die Wasser benötigen, sagte Minister Jakovina. Er gab an, dass in vier Jahren 400 Mio. HRK in die Bewässerung investiert worden seien und dass bis Ende des Jahres landesweit 12.000 neue Hektar bewässert würden (Zvjezdan STRAHINJA).

Auch in Kroatien ist Pfusch am Bau insbesondere im öffentlichen Bau an der Tagesordnung. Das oben gezeigte Pimpwerk ist kurz nach der Inbetriebnahme schon mal abgesoffen.

Hier ein weiterer Artikel aus der Regionalzeitung:

https://glasistrenovine.hr/arhiva-p...-kaznionici-ne-oslobada-no-koristan-je-365358

Hier die Übersetzung des Artikels von Glas Istre.

Valtura: In einem Gefängnis zu arbeiten ist nicht befreiend, aber nützlich

09. November 2012, 8:30 Uhr

Die meisten Gefangenen arbeiten auf landwirtschaftlichen Flächen (S. MILJEVIĆ)
Die Valtura Open Correctional Facility, in der zur Zeit 150 Gefangene untergebracht sind, unterscheidet sich grundlegend von einem Standardgefängnis, da sie nicht von hohen Stacheldrahtwänden umgeben ist und Gefangene und Zivilisten in fünf Workshops zusammenarbeiten, die von professionellen Lehrern geleitet werden, die für die Arbeit und Kontrolle der Gefangenen verantwortlich sind. Die Workshops sind nicht von der Welt getrennt, sondern bieten Dienstleistungen für die Bürger.


Wir arbeiten acht Stunden am Tag
Neben Landwirtschaft und Viehzucht, in der die meisten Gefangenen beschäftigt sind, gibt es Wartungswerkstätten, einen Autoservice mit technischer Inspektionsstation und eine Ergotherapie-Werkstatt, in der die Gefangenen kreativ arbeiten.


- Alle Aktivitäten im Gefängnis werden von professionellen Lehrern abgedeckt, und die Gefangenen werden nach ihren Kenntnissen, Fähigkeiten, Affinitäten und Wünschen zugewiesen. Wenn sie nicht ausgebildet sind, können sie sich an einer Schule der Public Open University einschreiben, hier ein Praktikum absolvieren und somit für die Dauer der Strafe ausgebildet werden. Fast alle Gefangenen sind angestellt, mit Ausnahme derjenigen, die objektive Gründe haben, warum sie nicht arbeiten können, wie zum Beispiel medizinische, sagt der Leiter der Abteilung für Arbeit und Berufsausbildung von Gefangenen des Gefängnisses von Valtura, Josip Trošt.
Gefangene arbeiten acht Stunden am Tag, die in der Küche und in der Landwirtschaft in zwei Schichten. Sie erhalten eine Entschädigung von vierhundert bis neunhundert Kuna für ihre Arbeit, und Überstunden werden zusätzlich bezahlt, damit sie mehr als tausend Kuna verdienen können.
Die OKPD Valtura-Anlage wird von Schlossern, Tischlern, Elektrikern, Installateuren und Drehern unterhalten. In der Werkstatt produzierte Überschüsse werden verkauft, und die Bürger können beispielsweise Schränke zu einem viel günstigeren Preis als auf dem Markt bestellen.


- Einige Maschinen sind prähistorisch, werden aber trotzdem verwendet, obwohl keine Ersatzteile erhältlich sind. Als das Gefängnis auf Goli Otok geschlossen wurde, wurden einige der Maschinen hierher gebracht und wir benutzen sie noch heute, sagt OKPD-Manager Vladimir Erceg.
Souvenirs aus dem Gefängnis


In der fahrzeugtechnischen Inspektionswerkstatt werden jährlich etwa fünftausend Fahrzeuge inspiziert, und für diejenigen, die sich für die Wartung ihres Autos entscheiden, bietet das Gefängnis mechanische Reparaturen, eine Karosseriewerkstatt und eine Autolackiererei an, in der neben Gefangenen auch Zivilisten beschäftigt sind.

Ein Ergotherapie-Workshop richtet sich an Gefangene mit eingeschränkter Arbeitsfähigkeit, die arbeiten möchten. Aufgrund des wachsenden Interesses, so Trost, haben sie die Werkstatt im vergangenen Jahr erweitert und einen neuen Keramikofen gekauft. Hier werden verschiedene nützliche Gegenstände und Souvenirs aus Keramik und Kupfer hergestellt, die nach Einschätzung der Kommission verkauft werden. Es muss einen Gefangenen in der Kommission geben.

- Wir stellen traditionelle und funktionale Gegenstände durch Gießen von Ton her. Grundsätzlich hielt sich keiner der Gefangenen zurück, jeder nahm sofort die kreative Arbeit an. Die Leute fragen uns oft, warum wir nicht irgendwo in Pula einen Stand eröffnen, aber das ist nicht nötig, weil Souvenirs sich gut verkaufen und von Gefangenen, ihren Besuchern und Leuten aus Pula gekauft werden, sagte Workshopleiter Željko Kordoš.

Jedes Jahr stellen Gefangene mehr als vierhundert Arten von Gegenständen wie Vasen, Töpferwaren, Kerzenhalter, Schalen und Schachfiguren her und verbrauchen mehr als zweieinhalb Tonnen Ton. "Das Gefängnis in Valtura ist der größte Abnehmer von Ton in Istrien", scherzte Kordos.

Im Gebiet von OKPD gibt es auch einen Steinbruch, in dem drei Arten von Steinblöcken und Betonpflanzen hergestellt werden und jährlich etwa 37.000 Kubikmeter Stein produziert werden. Die Produktion richtet sich nach den Möglichkeiten des Inverkehrbringens, und der Verkauf orientiert sich vollständig am freien Markt. (Ana SIMIC)

Auch RTL.hr hat einen Film zum Thema gedreht:

RTL

Ob der Film noch abrufbar ist konnte ich mangels Sprachkenntnissen nicht herausfinden.

(Jochen danke ich für die weiterführenden Informationen)

Noch eine Anmerkung für all diejenigen, die die Gegend gar nicht kennen. Jadreski liegt wie auch der Flughafen von Pula auf dem Gemeindegebiet von Liznjan. Folglich hat der kleine Ort nicht nur einen internationalen Flughafen, sondern auch eine Strafanstalt. Ob der Staat mit dieser Einrichtung auch Geld verdient oder hier nur mit hohen Investitionen die Gefangenen beschäftigt werden wissen wir nicht.;)

jürgen
 
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Daniel_567

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Hallo Jürgen.

Das ist wieder ein klassischer Jürgen-Bericht.:zustimm:
Top bebildert und gut recherchiert, sehr informativ. Vielen Dank für´s Zeigen einer weiteren, nicht jedem bekannten, Seite Kroatiens.


Viele Grüße, Daniel.
 

Mifle0371

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Das Thema offener Strafvollzug in einem Reisebericht zu bringen, bedarf schon ordentlicher Recherche und Kenntnis.Hut ab Jürgen, wirklich gut gemacht mit den ganzen Informationen!
Michael
 

claus-juergen

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Das Thema offener Strafvollzug in einem Reisebericht zu bringen, bedarf schon ordentlicher Recherche und Kenntnis.Hut ab Jürgen, wirklich gut gemacht mit den ganzen Informationen!
Michael

hallo Michael,

Jochen hat mir ja geholfen. Von mir stammen nur die Bilder und der erste Artikel von Glas Istre.

Vielleicht noch eine Info zur Ergänzung. Vor zwei oder drei Jahren sah ich auf der Satellitenaufnahme, dass da irgendwas bei Jadreski im Bau ist. Gut erkennen konnte ich große Rollen mit Vlies oder Folie und ein paar Baumaschinen. Zuerst dachte ich an eine Deponie für die Reste aus der neuen Müllverbrennungsanlage. Dann erzählte mir jemand etwas von einem Wasserbassin für das Gefängnis. Das machte mich neugierig und so fand ich im Juni endlich Zeit, mir das vor Ort anzuschauen. Nun bin ich schlauer und wollte diese Info an euch weitergeben.

grüsse

jürgen
 
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Luppo

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Meine Güte, Respekt Jürgen. Super recherchiert, hervorragend präsentiert. Ein Thema, das keiner kannte und das Wissen um die Gegend erweitert.
Da könnte sich mancher Zeitungsschreiberling eine Scheibe abschneiden.
 

supersabs

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Hallo Jürgen und Jochen,

das klingt ja richtig interessant.
Kann man da wirklich vorbeischauen,bei einem Geschäft direkt vor Ort?
Oder habe ich das falsch verstanden?

Danke
Sabs
 

claus-juergen

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Hallo Jürgen und Jochen,

das klingt ja richtig interessant.
Kann man da wirklich vorbeischauen,bei einem Geschäft direkt vor Ort?
Oder habe ich das falsch verstanden?...

hallo Sabs,

deine Fragen verstehe ich nicht so recht. Das Wasserreservoir kann man sich natürlich anschauen. Auch drumherum gehen ist möglich. Die Werkstätten der Strafanstalt arbeiten natürlich auch für Privatleute. Dort war ich jedoch noch nicht. Was soll ich dort?

grüsse

jürgen
 
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