Wie wird Weihnachten in Kroatien gefeiert?

claus-juergen

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hallo,

weihnachten naht nun auch in kroatien. mich würde mal interessieren, ob im land weihnachten anders oder in ähnlicher form als hierzulande gefeiert wird. in deutschland, austria und der schweiz ist es seit langem allgemein üblich, am heiligen abend einen christbaum zu schmücken. darunter stellen viele familien die hauseigene krippe auf. gibt es auch in kroatien die tradition des christbaumes bzw. der krippe?

die bescherung für erwachsene und kinder findet bei uns am heiligen abend, also am 24.12. statt. das abendessen ist traditionell an diesem tag ein kurzes und schnelles gericht, wie z. b. würstl mit senf und brot, so daß die hausfrau entlastet ist. am späten abend geht man zumindest im überwiegend katholischen bayern dann in die christmette. gibt es in kroatien eine bescherung? erzählt man den kindern vom christkind oder hat auch hier schon santa claus oder der weihnachtsmann einzug gehalten?

am ersten oder zweiten weihnachtsfeiertag, die bei uns ja gesetzliche feiertage sind, gibt es in vielen familien ente oder gans oder sonstiges wild zum mittagessen. viele familien gehen auch auswärts essen. ausserdem besucht man die verwandtschaft oder hat oma und opa zu besuch.

aus dem katholischen italien ist mir bekannt, daß es auch hier häufig einen christbaum, allerdings meist aus plastik und sehr klein gibt. die bescherung findet dort allerdings häufig erst am ersten weihnachtsfeiertag oder gar an hl. dreikönig, also am 6.1. des neuen jahres statt. insbesondere in süditalien ist das krippenbasteln fast ein wettbewerb zwischen familien und nachbarn. jeder will die größte und schönste krippe zuhause stehen haben.

kann mir jemand sagen, wie das weihnachtsfest in kroatien gefeiert wird? gibt es regionale unterschiede in diesem auch überwiegend katholischen land? wird weihnachen vielleicht ähnlich wie in italien gefeiert?

danke schon mal für die antworten!

grüsse

jürgen
 

Sudija

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In dem Bericht steht, Heiligabend hieße Silvestrovo. Das ist falsch. Es handelt sich natürlich um Silvester.
Heilgabend heißt "badnjak". Dann wird in Kroatien das Haus geschmückt mit Baum und Krippe. Es wird in der Regel gefastet.
In die Kirche man geht um Mitternacht zur Christmette.
Bescherung und Weihnachtsfest findet am Weihnachtstag statt, NACHDEM in der Nacht das Christkind geboren wurde.
So kenn ich es.
 
M

Marius

Guest
Ich habe die verlinkten Berichte nicht gelesen, sondern schildere jetzt einfach mal, wie es in meiner Familie und meinem Umfeld läuft. Ich werde auch ein bisschen etwas über die Verhaltensregeln erklären, falls jemand gerade in Kroatien ist oder kroatische Freunde in D, A oder CH hat. :)

Der Weihnachtsbaum (in Kroatien "Jelka" oder "Bor" ja nach Baumart, oder einfach, lustigerweise aus dem Deutschen übernommen, "Kristbam" genannt) wird meist schon vor dem 24.12. aufgestellt und geschmückt. Den Heiligen Abend verbringt man meist mit dem engsten Familienkreis. Zum Essen gibt's, weil gefastet wird, etwas einfaches, etwa Fisch, dürfen auch Fischstäbchen mit Kartoffelpürree sein.
Früher fand die Christmette tatsächlich noch um Mitternacht (in meiner Kindheit), in letzter Zeit aber meist schon um 21 Uhr statt.

Da der 1. Weihnachtstag erst am 25.12. ist, wünscht man sich auch erst dann Frohe Weihnachten, indem man sich die Hand gibt und sich mit "Sretan Božić" [sretan boschitsch] begrüßt, immer mit zwei Küsschen, auch wenn man sich nicht sooo gut kennt.
Achtung, niemals drei Mal küssen, so küssen Serben, absolutes No-Go und hinterlässt irritierte Menschen. Das gilt übrigens auch für den Rest des Jahres.
Am 26.12. wünscht man sich "Sretan Božić i Sveti Stjepan" (Stefanitag), auch dann, wenn man sich am Vortag schon gesehen hat.
Da die Messe mittlerweile kaum noch um Mitternacht stattfindet, kann man sich auch im Anschluss der Messe, also noch am 24.12. Frohe Weihnachten wünschen, aber jedenfalls nicht vor der Messe!

Am 1. und 2. Weihnachtsvormittag geht man abermals in die Kirche, danach sollte man tunlichst danach trachten, das Besuchs-Chaos unter Kontrolle zu bringen. Traditionell ist es so, dass jeder zu Hause groß auftischt, mit Fleisch und allerlei Keks- und Kuchensorten. Man darf aber auch nicht zu egoistisch sein und versuchen, alle zu sich zu bekommen, denn so wie es erwartet wird, Besuch zu empfangen, wird auch erwartet, dass man besucht. Man kommt so pro Weihnachtstag auf etwa 4-8 Häuser, die man durchläuft und wenn man cool ist, ist das eigene Heim die letzte Station, wo man dann bis in die frühen Morgenstunden verweilen darf. Alkohol darf getrunken werden, durchaus auch mehr als einem gut tut.

Der Weihnachtsbaum bleibt oft bis tief in den Januar stehen, viele bauen ihn nach dem 6.1. ab, weil dann das serbisch-orthodoxe Weihnachten beginnt. Ich habe in letzter Zeit übrigens die Beobachtung gemacht, dass Serben schon mal zu kroatischen Weihnachten anrufen, um ein Frohes Fest zu wünschen, und umgekehrt ebenso. Vielleicht deutet sich ja da schon eine leichte Normalisierung des Umganges miteinander ab.

Ich kann zwar mit der religiösen Komponente dieses Weihnachtens so gar nichts anfangen, dieser (für mich persnlich) reichlich kindlichen Sicht auf die Natur und das Leben bin ich längst entwachsen, aber trotzdem:
In einer großen Familie, wie der meinen, ist Weihnachten immer wieder schön. Ich mag es, wenn sich meine vielen Onkel und Tanten bei meinen Eltern versammeln und über alte Zeiten reden. Längst vergangene Zeiten, wo man kaum was zu essen und anzuziehen hatte, wo man nicht so einfach mit dem anderen Geschlecht in Kontakt kam, strenge und strenggläubige Eltern hatte, wo nicht alle Kinder in einer Familie zur Schule gehen durften, weil irgendjemand ja auch am Feld arbeiten musste, wie meine Mutter zum Beispiel, und wie sie in finsterer Nacht Hals über Kopf von zu Hause davon gelaufen ist, um meinen Vater zu heiraten und fast noch erwischt wurde, weil sie unterwegs einen Schuh (!!!) im Schlamm verloren hatte und zurück gelaufen war, während mein Großvater fuchsteufelswild im Haus herumlief und mein Vater ängstlich und in Erwartung einer ungewissen Zukunft mit seinem Fahrrad an der Straße wartete.
Diese Art von Geschichten veranlassen mich immer wieder, zu Weihnachten nach Hause zu fahren, ich setze mich dann in ein Eck, lehne mich zurück, schließe die Augen und lasse mich berieseln, von den Stimmen und vom Lachen.

Gott brauche ich dazu nicht. Aber auch das ist Kroatien. :)
 
M

Marius

Guest
Und ja, Krippen werden auch zu Hause aufgebaut, davon kann ich ein Lied singen, können gar nicht groß genug sein. :)
 
C

Christl

Guest
hey. Mario, du kommst ja direkt ins Schwärmen :)

Danke für den Bericht, da gäbs ja noch allerlei Geschichten zu erzählen ;)
 
P

Pinizule

Guest
Marius, danke für den schönen Bericht. Hört sich eigentlich nicht sehr verschieden zu unseren Weihnachtsbräuchen an. Bei uns war der 24. ein Fastentag. Wir Kinder wurden um Mitternacht aufgeweckt und dann gab es Bescherung und Würstle mit Kartoffelsalat. Als wir älter waren verlegten wir die späte Stunde etwas vor. Die Christmette war früher sehr spät, so um 23 h u. hörte dann um Mitternacht auf u. alle wünschten einander ein schönes Fest, heute ist es wie bei euch, also um 21 od. 22 h. Ich gehe sehr gerne NM in die Kindermette und abends noch in die Christmette.
Also den Besuchsmarathon würde ich schon gerne mitmachen, genauso gerne Besuch erhalten. Heuer kommt nur meine Schwester, mein Bruder mit Frau sind weg auf Wellness. Neue Zeiten.
Werde nachher mal meinen GG befragen wie es bei ihm zuhause war. Er salzt gerade den Gehweg nach. Es ist gut glatt hier.
 
M

Marius

Guest
Es wäre schön, wenn Conrad noch etwas dazu schreibt, das würde mich freuen.
 

Neso

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"Achtung, niemals drei Mal küssen, so küssen Serben, absolutes No-Go und hinterlässt irritierte Menschen. Das gilt übrigens auch für den Rest des Jahres."

"Der Weihnachtsbaum bleibt oft bis tief in den Januar stehen, viele bauen ihn nach dem 6.1. ab, weil dann das serbisch-orthodoxe Weihnachten beginnt. Ich habe in letzter Zeit übrigens die Beobachtung gemacht, dass Serben schon mal zu kroatischen Weihnachten anrufen, um ein Frohes Fest zu wünschen, und umgekehrt ebenso. Vielleicht deutet sich ja da schon eine leichte Normalisierung des Umganges miteinander ab."


Hmmmmm.......naja lieber Marius. Soviel erstmal zu deiner "beobachteten Normalisierung".
 
M

Marius

Guest
Neso, siehst du etwa irgendwo einen Widerspruch in meinen Ausfuehrungen? :)

Ich schildere immer nur meine Beobachtungen, meine Attitüde als Philantrop ist ohnehin klar. ;-)
 
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