@Marius:
Auszug aus einem der unzähligen Unfallberichte zu Flügen in und über die Alpen:
Die Untersuchungsergebnisse auf Grund von Zeugenaussagen, der
technischen Untersuchung, der Erfahrung und des Trainingstandes des
Piloten, der Rekonstruktion des Flugweges mit einer P-51 sowie der
Wettersituation ergibt folgendes mögliche Unfallszenario:
Als sich der Pilot und sein Sohn am Nachmittag des Unfalltages nach
Buochs bringen liessen, führte der Flug in der Gegend des Gotthardpasses durch ein
Wolkenloch unter die Hochnebeldecke, über Altdorf nach Buochs.
Als der Start mit der HB-RCW mit dem Ziel Ambri schliesslich um 1945 Uhr
erfolgte, stand der Pilot wegen der einbrechenden Dämmerung unter
gewissem Zeitdruck. Weil er annahm, dass das Wolkenloch über dem
Gotthard immer noch bestand, versuchte er auf demselben Flugweg ins
Tessin zu gelangen, wie es zuvor beim Ueberflug von Lodrino nach Buochs
auch möglich gewesen war:Unter dem Hochnebel bis
Wassen, dann über den Wolken bis in die südliche
Leventina, um dann „untendurch“ nach Ambri zu gelangen.
Als sich das Flugzeug auf einer Flughöhe von ca. 1300 m/M
Wassen näherte,muss der Pilot erkannt haben, dass die Wolkendecke über dem Gotthard
geschlossen war. Diese Erkenntnis zwang ihn zu einer Umkehrkurve.
Weil das Flugzeug nicht für Instrumentenflug (IFR) zugelassen war, fehlte dem
Piloten folgende Option, welche vor dem Flug hätte geplant werden können:
In einem geeigneten Luftraum eine IFR-Freigabe zu erhalten, dann IFR durch
die Wolken zu steigen und über der Wolkendecke Richtung Süden, dort
abzusinken und VFR „untendurch“ nach Ambri zu fliegen.
Es blieben ihm nur zwei Möglichkeiten offen:
Entweder zurück nach Buochs zu fliegen um zu landen oder nach einem Loch
in der Wolkendecke Ausschau zu halten, um im Sichtflug durchzustechen und
über den Wolken nach Süden zu fliegen.
Für Letzteres bot sich dem Piloten die Gelegenheit über
Silenen. Nach dem Setzen von Steigleistung zog er das Flugzeug steil hoch. Während diesem
Manöver kippte das Flugzeug wahrscheinlich über die linke Fläche ab.
Als Hauptgrund können die im Verhältnis zur N51EA stark reduzierten
Höhensteuerkräfte erwähnt werden, die dazu führten, dass der Pilot das
Flugzeug ungewollt überzog und die Strömung dabei abriss. Obwohl das
Flugzeug dadurch in die Wolken, d.h. in Instrumentenwetterbedingungen
(IMC) geraten war, tat der Pilot, welcher eine grosse Erfahrung im Kunstflug
aufwies, augenblicklich das Richtige. Er nahm die Motorleistung in den
Leerlauf zurück, was den Merlin-Motor zum Knallen brachte. Dieses
Leerlaufknallen ist bei diesem Motor typisch und konnte rekonstruiert und
identifiziert werden.
Es gelang dem Piloten das Flugzeug unter Kontrolle zu bringen und im
Gleitflug zu stabilisieren. Das Flugzeug kam bei diesem Manöver ca. 90° nach
links vom ursprünglichen nord-nordwestlichen Kurs ab.
Nach dem Stabilisieren des Flugzeuges bis zum Aufschlag vergingen ca. 10
Sekunden.
Warum der Pilot, welcher im Gleitflug wieder in Bodensicht gelangen wollte
und musste, den Kursfehler nicht erkannte, kann folgende Gründe haben:
Der Kompasskurskreisel hatte präzediert und zeigte einen um 90° falschen
Wert an, oder der Pilot bemerkte den falschen Kurs zu spät, um noch 90° nach
rechts korrigieren zu können. Das Erkennen des falschen Kurses wurde
dadurch erschwert, weil kein „Heading-bug“ vorhanden war.
Zum Aussteigen mit dem Fallschirm blieb den Insassen entweder keine Zeit,
oder diese Rettungsmöglicheit wurde nicht in Betracht gezogen, weil der Pilot
beabsichtigte, die Situation mit dem Absinken unter die Wolken bereinigen zu
können.
Christian Schweizer
geboren: 8.Sept.1945
tödl. verunglückt: 3.Sept.1998
Zivilstand: verheiratet, zwei Kinder
Beruf/Ausweise: Linienpilot- und Linienpilotenfluglehrer, Segelflieger,
Flugzeugmechaniker,
Chefpilot bei der REGA = https://www.rega.ch/ = Schweizer Rettungsflugwacht
Flugerfahrung: 10'000 Flugstunden auf ca. 105 verschiedenen Flugzeugtypen.
Weltweit auf ca. 650 verschiedenen Flugplätzen gelandet
und mehr als 450 Flugshows gefogen.
Kunstflug: 1600 Std. Wettbewerbs-, Show- und Instruktionskunstflug
Erfolge: Schweizermeister: 1972,73,78,81,85,86,87,89,90,91,92,93,94
Europameisterschaft: 1971(3.),73(1.),75(2.),89(2.)
Weltmeisterschaft: 1972(4.),80(7.),90(8.)
Daniel Schweizer
geboren: 13.Aug.1970
tödl. verunglückt: 3.Sept.1998
Zivilstand: ledig
Beruf/Ausweise: Pilot/Elektroniker
Kunstflug: 1990 Piloten-Lizenz, Kunstfluglizenz
Erfolge: Schweizermeisterschaft: 1990 Espoir(3.),91 Promotion(3.)
92 Promotion(1.),93 Elite(7.),94 Elite(2.),95 Elite(1.)