2200 Liznjan Gedenkstein für Deportierte während des 1. Weltkriegs

claus-juergen

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hallo Rätselfreunde,

eigentlich müsste ich hier mehrere Fragen stellen. Dies, weil das Rätsel auch Fragen aufwirft. Deshalb fangen wir mal einfach an mit "Was ist das und wo ist das?"

Rtsel_28.jpg


Eines gleich vorab. Das Rätsel ist bei weitem nicht so einfach, wie es erscheint. Die vollständige Lösung wird für die meisten etwas völlig unbekanntes sein.

Viel Spaß wünsche ich euch trotzdem.

jürgen
 
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baskafan

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Ich könnte mir vorstellen, dass es ein Mahnmal für den unseligen Jugoslawienkrieg ist. Betreffend die Flüchtlingsproblematik in Ostslawonien?
 

claus-juergen

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Hallo Elke,

Istrien ist richtig. Diese Skulptur wurde 2015 anlässlich des "Jahrestages" errichtet und steht nicht am Monte Kope. Das Denkmal auf Peljesac ist schon deshalb falsch, weil ich Jugoslawien ausgeschlossen habe.

Vergiss auch alles religiöse. Die Skulptur zeigt zwei Kinder und Jesus war bekanntlich ein Einzelkind.

Wie du mich kennst, komme ich doch etwas in der Gegend herum. Dabei habe ich noch keine Gedenkstätte gefunden, die dies thematisiert.

Grüße

Jürgen
 

Daniel_567

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Jürgen, oder hat es mit demTag des Sieges und der heimatlichen Dankbarkeit, der am 5. August 1996 zum ersten mal begangen wurde, und sich dann 2015 zum 20. mal gejährt hat, zu tun?

Gruss Daniel.
 

claus-juergen

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Hallo ihr beiden,

Vergesst den Zweiten Weltkrieg. Es geht hier in dieser Gedenkstätte nicht um kriegerische Ereignisse. Und doch hat das Ganze mit einem Krieg zu tun, nur einem anderen.

Grüße

Jürgen
 

claus-juergen

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hallo,

wo ist eigentlich der Marius? Der könnte, wenn er denn da wäre, seinen Heimvorteil nutzen. Auch Ralf hat es hier leichter als manch anderer...;)

Selbst mein Freund Huberlinger, Kenner der Geschichte des Landes, ist vielen bei diesem Rätsel im Vorteil. ;)

grüsse

jürgen
 
M

Marius

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Marius sagt, er haette keinen blassen Schimmer. Das ist etwas Religiöses, da kennt er sich nicht aus. ;-)
 

claus-juergen

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Hallo Marius,

Religiöses habe ich doch oben schon ausgeschlossen.

Es geht um was geschichtliches, dann noch um einen Krieg, jedoch nicht den Zweiten Weltkrieg. Und dann geht es noch um deinen Heimatort.

Grüße

Jürgen
 

dalmatiner

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Hallo Jürgen hat das mit dem Flüchtlingslager der Deutschen in der Habsburger Monarchie zu tun.Gruß Traudl
 
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claus-juergen

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hallo die Damen,

Traudl liegt mit dem Flüchtlingslager für "Deutsche" ganz daneben. Julia ist auf dem richtigen Weg, hat dabei jedoch eine Abzweigung genommen, die in eine Sackgasse führt. ;)

Deswegen werde ich das Rätsel nun vollständig lösen. Es handelt sich hier um eine Gedenkstätte für die deportierte Zivilbevölkerung Südistriens in ein Lager nach Wagna in der Steiermark. Hier erst mal Bilder der Gedenkstätte anläßlich des 100sten Gedenktages an diese Tragödie.

Gedenksttte_Wagna.jpg


Direkt neben der Straße, die Liznjan mit Medulin verbindet wurde an der Flurgrenze im Jahr 2015 dieser Gedenkstein von beiden Gemeinden errichtet.

Gedenksttte_Wagna_5.jpg


Drei Meter hoch und mehrere Tonnen schwer ist die Skulptur, die aus einem Kalksteinblock aus dem Steinbruch in Liznjan an der Budava Bucht stammt. Diesen habe ich euch vor Jahren schon mal vorgestellt.

http://www.adriaforum.com/kroatien/threads/der-steinbruch-valtura-an-der-spitze-istriens.68553/

Gedenksttte_Wagna_3.jpg


Leider sind die Inschriften am Sockel auf den Bildern kaum zu entziffern.

Gedenksttte_Wagna_1.jpg



Gedenksttte_Wagna_2.jpg


Nun frägt sich der unbedarfte Urlauber in Istrien, wieso die Zivilbevölkerung Südistriens im Ersten Weltkrieg deportiert wurde? Von wem?

Istrien war zu Beginn des Ersten Weltkriegs überwiegend von Menschen besiedelt, die den venezianischen Dialekt sprachen. Heute würden wir sagen, es handelte sich um Italiener. Die Kroaten stellten eindeutig die Minderheit. Dazu gehörten auch Österreicher und Ungarn, aber auch Menschen aus anderen Teilen der Donaumonarchie. Diese waren in den Städten beschäftigt, während die Landbevölkerung meist ethnische Kroaten waren.

Somit war klar, daß Südistrien, damals ein riesiges Militärlager, von politisch unzuverlässigen Zivilisten besiedelt war. Da Italien erst am 24.5.1915 gegen Österreich-Ungarn in den Krieg zog und in den Monaten zuvor über 10.000 Menschen aus Triest und Umgebung evakuiert hatte, hätte die verbleibende Zivilbevölkerung ein Problem bis hin zu möglichen Spionage- und Sabotageaktionen gegen Austria sein können.

In Wagna wurde deshalb gleich zu Kriegsbeginn ein relativ komfortables Lager aus dem Boden gestampft welches nun bis November 2015 mit 21.300 "Italienern" belegt wurde. Kleinere Gruppen wurden in andere Internierungslager in Niederösterreich, Böhmen, Mähren und Ungarn untergebracht. Die Arbeiterinnen der Tabakfabrik von Rovinj wurden in österreichische Fabriken gebracht.

Das Lager war eigentlich gut organisiert. Bereits mit Beginn der Belegung standen 120 Baracken mit elektrischem Licht. Das kannten viele Deportiere damals noch nicht. Es gab 22 Großküchen, eine Bäckerei, drei Badeanstalten, fünfzehn Krankenstationen mit 2000 Betten oder auch Schulen für die Kinder.

Deportierte wurden auch aus Friaul oder Slowenien hierher gebracht. Die Menschen wurden je nach Fähigkeiten auch beschäftigt. Arbeitskräfte fehlten, da die Männer an der Front ihren Kriegsdienst leisteten.

Im Juli 1916 durften die ersten Bauern heimkehren. Dies wohl weil die Nahrung im Reich langsam knapp wurde. Zu diesem Zeitpunkt herrschte in Istrien eine Dürre. Als im Herbst 1917 die Italiener in der 12. Isonzoschlacht von deutsch-österreichischen Truppen entscheidend geschlagen wurden, bestand keine Gefahr mehr einer italienischen Invasion in Istrien.

https://de.wikipedia.org/wiki/Zwölfte_Isonzoschlacht

In der Zeit vom 24. bis 27.10.1917 durften die Menschen in ihre Heimat Istrien zurückkehren. Dort erwartete sie nichts Gutes. Die schlecht versorgte Truppe hatte alles brauchbare requiriert. Manches Anwesen war geplündert.

Aufgrund des Geheimvertrags von London zwischen Italien und den kriegführenden Westmächten fiel Istrien nach dem Ersten Weltkrieg an Italien. Die verbliebene kroatische Bevölkerung wurde drangsaliert oder gleich erneut vertrieben.

(Viele der Infos sind dem Buch "Istrien - eine Liebeserklärung an das Land, seine Menschen und seine Kultur" von Alfred, Friederike und Ulrike Goldschmid entnommen)

Den Rest der Geschichte kennen wir ja...

Vielen Dank fürs Mitmachen sagt

jürgen
 

claus-juergen

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Landkreis Augsburg und Liznjan/Istrien
hallo Traudl,

ich habe den link oben wie von Julia gepostet schon gelesen. Allerdings stimmt in dem Artikel etwas nicht.

"Die Stadt Gmünd und die Gemeinde Medulin werden später im Jahr eine Städtepartnerschaft schließen und an der Grenze zwischen den Gemeinden Medulin und Ližnjan wird ein Denkmal zum Gedenken an die Opfer errichtet werden." (Zitat aus dem Artikel)

An der Flurgrenze befindet sich nur diese von mir gezeigte Skulptur. Die soll an die von mir geschilderte Deportation der einheimischen Bevölkerung erinnern. Hier geht es nicht um Flüchtlinge, sondern um zwangsweise deportiere Menschen, die hier südlich des Limfjords bis dato gelebt haben. U. a. wurde auch die gesamte Stadt Rovinj damals zwangsentvölkert.

Wenn du in Wikipedia nach dem Flüchtlingslager Gmünd suchst, wirst du feststellen, daß dieses von 1914 bis 1919 bestand und Flüchtlinge, nicht Zwangsumgesiedelte ausschließlich aus Galizien, das ist ganz woanders, dort Aufnahme fanden. Im von mir gezeigten Denkmal ist jedoch eindeutig der Jahrestag 2015, also genau 100 Jahre nach der Zwangsräumung der Region Südistrien genannt. In Gmünd war definitiv niemand aus der Region Istrien untergebracht, auch wenn in dem Artikel der Web-Site "INISTRIEN" davon die Rede ist.

https://de.wikipedia.org/wiki/Flüchtlingslager_Gmünd

Ein anderes Denkmal ist mir an der im Artikel genannten Flurgrenze nicht bekannt.

grüsse

jürgen
 

claus-juergen

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hallo,

ich habe noch einen Nachtrag zu diesem Geschichts-Rätsel. Die nun wichtigste Straße in Liznjan, die den Ort mit Medulin verbindet wurde erst vor drei Jahren ausgebaut. Sie trägt diesen Namen, was übersetzt etwa "Istrischer Exodus" bedeutet. Ich meine, hier haben die Gemeindeväter eine gute Wahl bei der Namensnennung getroffen. Wer erinnert sich heute sonst noch an das was vor mehr als 100 Jahren hier geschehen ist?

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grüsse

jürgen
 
M

Marius

Guest
Waren da eh keine „Tschuschen“ wie in Oesterreich unterwegs, Juergen?
Oder so „Beute-Österreicher“ wie ich?
 
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